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Streit um den Verfassungsrat

■ Dissenz zwischen Koalition und Opposition um Wahlmodus und plebiszitäre Elemente

Berlin (taz) — In Bonn hat ein Streit zwischen Regierung und Opposition begonnen, dessen politische Tragweite mit großer Gewißheit von der Öffentlichkeit zu spät erkannt werden wird: Es geht um die Konstruktion eines Verfassungsrates. Schon am 14. Mai soll diese Institution im Berliner Reichstag zusammentreten, um über die anstehenden Grundgesetzänderungen zu beraten. Die Koalition will, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, den Verfassungsrat paritätisch von Bundestag und Bundesrat besetzen lassen. Aus einleuchtenden Gründen. Die SPD will hingegen den Verfassungsrat von der Bundesversammlung wählen lassen, und zwar sollen es je 60 Frauen und 60 Männer sein, die nicht Mitglieder der gesetzgebenden Körperschaften sein müssen. Nachdem während des Prozesses der Vereinigung die Verfassungsdiskussion als Verzögerungsmanöver abgetan wurde, ist nun Druck da: Zeitdruck und Druck der Argumente. In den neuen Ländern, aber auch in Niedersachsen sind Verfassungen in Arbeit. Am 16.Juni wird das „Kuratorium für ein Deutschland in guter Verfassung“ nach einer einjährigen Auseinandersetzung in der Frankfurter Paulskirche seinen Verfassungsvorschlag vorstellen, der aus dem Verfassungsentwurf der Bürgerrechtsbewegung der DDR entwickelt wurde. Um so bedenklicher ist es, daß jetzt die Koalition mit dieser Verfassungsrat-Konstruktion die Beratungen über die Verfassungsänderungen den Mehrheiten dieser Legislaturperiode unterwerfen will. CDU-Fraktionsgeschäftsführer Bohl lehnte dabei „die Einführung plebiszitärer Elemente“ ab. Wolfgang Ullmann (Wahlbündnis 90), einer der Inspiratoren des Kuratoriums, findet den Koalitionsvorschlag „völlig unangemessen“. Bei einer Verfassungsgebung müsse „das Staatsvolk angemessen repräsentiert sein“. Der Versuch zeige die Gefahr, daß die Grundgesetzänderungen „einen reaktionären Kurs bekommen“. KH

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