: Bonn — der Mega-Campus der Zukunft
■ Ministerpräsident Rau entwirft neue Perspektiven für das bald verlassen daliegende Städtchen am Rhein
Bonn. Was die kreisfreie Römerstadt Bonn am Rhein angeht, geht der nordrhein-westfälische Landesvater Johannes Rau jetzt im taz-Gespräch in die Offensive. »Bonn soll in den nächsten Jahren vom Amtssitz zur StudentInnenmetropole Deutschlands werden, die Landesregierung hat hierzu eine schnelle Umbautruppe eingerichtet.« Laut Rau bietet Bonn beste Voraussetzungen, sämtlichen großen Universitäten des Landes die vielversprechendsten jungen Großgeister abzuwerben: »Wir haben Platz, Platz, Platz — und nicht nur Studienplätze!« Die meisten ministeriellen Bauten und Infrastrukturen sowie alle Häuser von Lobbies und Verbänden, so Rau, stünden bald für eine universitäre Umwidmung zur Verfügung. Die 1818 gegründete Friedrich- Wilhelms-Universität werde spätestens zu ihrem 100. Jubiläum die größte und einzige Numerus- clausus-freie Hochschule des Vereinten Europas sein, mit dem renovierten Bundestag und dem Wasserwerk als geschichtsgeladenen Auditoria Maxima und dem Bundestagsrestaurant als Vier- Sterne-Kantine. Die Landesregierung habe bereits die gesamte Beethovenhalle für eine Studienberatungsstelle angemietet. Der größte Trumpf der Bonner, so der Ministerpräsident, sei aber der Wohnraum: »Welche deutsche Stadt kann ihren jungen Menschen schon Botschaftsvillen, Bungalows und Mehrfamilienhäuser zur Wiederauflage von sogenannten Wohngemeinschaften bieten?« Für Wochenendbesuche der zahlenden Elternschaft werde das gerade umgebaute Gästehaus der Bunderegierung auf dem Petersberg zur Verfügung stehen, mit einem Shuttle-Service für die Erziehungsberechtigten werde endlich auch der Flughafen Köln/Bonn ausgelastet. Die Bonner Kneipiers hätten bereits 24stündige Schankzeit beantragt, die Firma Birkenstock die Ansiedlung eines Zweigbetriebs angekündigt.
Die einzigen Probleme werden nach einer Studie der schnellen Umbautruppe die zu erwartende völlige Austrocknung der ostdeutschen Unis und die vielen Bahnschranken auf dem Campus sein. Doch habe man hinsichtlich dieser kleinen Irritationen bereits mit Mercedes-Chef Edzard Reuter Kontakt aufgenommen. Dieser habe schon ein neues Verkehrsleitsystem und die Abfindung der Ostmetropolen mit Vertragswerkstätten versprochen — auch als Ausgleich für Benz-Burg am Potsdamer Platz. kotte
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