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PARIS - KAPSTADT

■ Dakar ist out. Autorallye will das "wunderbare Zeichen für den Geist der Öffnung" in Südafrika unterstützen. Mitsubishi plant Konkurrenzveranstaltung Berlin - Peking

Dakar ist out. Autorallye will das „wunderbare Zeichen für den Geist der Öffnung“ in Südafrika unterstützen. Mitsubishi plant Konkurrenz-

veranstaltung Berlin-Peking.

VONBETTINAKAPS

Weil die Rallye „Paris-Dakar“ nach 13 Jahren selbst in Frankreich niemanden mehr vom Hocker reißt, hat sich der Veranstalter nun etwas Neues ausgedacht: Im Januar will Gilbert Sabine die Rallyefahrer nach Kapstadt schicken. Der neue Parcours soll dem in die Jahre gekommenen Unternehmen ein Flair von Abenteuer geben. Zur Zeit erkundschaftet ein Vortrupp das Terrain, damit die Firma TSO ihre bewährte Logistik ausbreiten kann. (TSO heißt „Thierry Sabine Organisation“, benannt nach Gilberts Sohn, der die Rallye erfand und dabei vor fünf Jahren tödlich verunglückte.)

Neben Abenteuer will Sabine der Rallye auch Symbolik verpassen. Im Olympiajahr 1992 sollen die Abgase Barcelona mit Kapstadt verbinden. Darin sieht er ein „wunderbares Zeichen für den Geist der Öffnung, der sich in Südafrika durchsetzen dürfte“. „Südafrika hat bereits enthusiastisch reagiert“, sagt Sabine. Von den Katalanen hat er noch kein grünes Licht bekommen.

Und auch den dritten Grund für seine neuen Pläne gibt er offen zu: Sabine will „bestimmten Regierungen“ beweisen, „daß wir absolut nicht darauf angewiesen sind, gerade ihr Land zu durchqueren“. Algerien, Mali, Tschad und Senegal haben die motorisierten Heerscharen in den letzten Jahren nicht mehr ganz so begeistert und dienstwillig empfangen: In Algerien sorgen die Islamisten dafür, daß die Rallyefahrer immer widerwilliger durch das Land gelassen werden. In Mali wollten vermutlich Tuaregs ein wenig von der Aufmerksamkeit der Medien auf ihren Kampf für mehr Selbstbestimmung lenken: es kam zu einer Schießerei, ein Rallyefahrer wurde getötet. In Mauretanien bewarfen einige Zuschauer die vorbeirasenden Luxuswagen mit Steinen.

Daß Dakar sich nun erdreistet, ausgerechnet im Januar '92 die afrikanische Fußballmeisterschaft auszurichten, hat das Maß wohl voll gemacht. Mit einer Nebenrolle geben sich die Abenteurer nicht ab. Noch dazu, wo sie Afrika so viel Gutes tun — davon jedenfalls scheint Gilbert Sabine überzeugt.

„Wir kurbeln überall die Wirtschaft an“, meint er. „Schließlich kaufen wir den Leuten Nahrung und Benzin ab, mieten ihre Hotels. Den Beweis dafür, daß sie von der Rallye nur profitieren, den liefern die Länder doch selbst: sie bedauern es alle, wenn wir nicht kommen.“ Nach solcher Argumentation wundert es nicht mehr, daß Sabine auch in den Ländern des neuen Parcours nur die erfreuten Stimmen aus dem Clan der Mächtigen hört, die sich an dem Spektakel ein wenig mehr bereichern können.

„Sehr wahrscheinlich erhalten die Regierenden Geld oder ein paar der Rallye-Autos, damit sie auch wunschgemäß mitspielen“, meint Jean-Marie Fardeau von „Pa' Dak“, einer Bewegung, die mit „Paris- Dakar“ nicht einverstanden ist (was auf französisch „pas d'accord“ heißt). „Die stört es dann nicht weiter, daß die 1.000 bis 2.000 Autos Straßen, Pisten und Brücken in Mitleidenschaft ziehen, daß Brunnen verschmutzt und Felder verwüstet werden. Von den 15 Toten, die die Rallye bisher unter den Afrikanern gefordert hat, redet sowieso niemand.“

Der Berater des zairischen Präsidenten Mobutu und der Botschafter von Sambia haben Sabine bereits zum Weitermachen ermutigt und ihm offenbar ein weiteres Alibi verschafft. „Durch ein Medienerereignis wie unsere Rallye können sie ihren touristischen Reichtum in aller Welt bekanntmachen“, betont der Manager. Die neue Tour soll also 12.000 Kilometer lang sein und von Paris über Barcelona oder Marseille nach Tripolis, durch Libyen, den Tschad, die Zentralafrikanische Republik, Zaire, Sambia und Namibia nach Südafrika führen.

Möglicherweise werden jedoch die Japaner der TSO die Show stehlen: Die „Mitsubishi Corporation“ hat extra eine Filiale gegründet, um eine Rallye Paris-Moskau-Peking zu organisieren, das ist immerhin 4.000 Kilometer weiter als nach Kapstadt. Zudem bringt Mitsubishi endlich auch die Bundesrepublik und Berlin in den Genuß des lauten Spektakels. 340 Autos stehen schon auf der Liste. Wer sich noch anmelden möchte: Der Startschuß knallt am 1.September. Die Teilnahmegebühren ohne Essen und Rückführung betragen 60.000 Mark. Wer über die Werbeflächen seines Wagens selbst bestimmen will, muß weitere 30.000 Mark hinblättern.

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