piwik no script img

Kohl: „Was wollt ihr denn, ihr Pöbel?“

Leipzig (dpa/taz) — Der Kanzler traut sich schon wieder in den Osten: In's evangelisch-lutherische Diakonissenhaus in Leipzig. Zur Begrüßung hatten sich hundert Leipziger mit Blumen und Hochrufen eingefunden, meldete 'dpa‘ um 13 Uhr 29. Um 16 Uhr 38 war eine leichte Korrektur des atmosphärischen Hochs angesagt: Nun hatte 'dpa‘ vor der Krankenstation des Hauses rund 50 Jugendliche ausgemacht, die „Kohl muß weg“ skandierten, und zwei, drei Tomaten warfen. Der Kanzler reagierte gewohnt souverän und so „kämpferisch“, wie er seine Stimmung nach der Rheinland-Pfalz- Wahl geschildert hatte: „Was wollt ihr denn, ihr Pöbel?“ schleuderte der den Undankbaren entgegen. Noch mehr hätten dem Kanzler gern mit Naturalien gedient. „Ich würde schon faule Eier auf Kohl werfen,“ so eine Bürgerin. Doch das scheitert nach der glücklichen Wende ja, Kohl sei Dank, am Material: „Heutzutage bekommen wir ja nur noch frische“, höhnte die Frau. Die meisten Leipziger reagierten jedoch völlig gleichgültig auf die Visite: „Kohl heute in Leipzig? Ist mir doch egal“, sagte ein 54jähriger. Kohl soll auf dem Augustusplatz vor den Bürgern sprechen und sich „nicht im Diakonissenhaus verkriechen“, fordert ein 25jähriger Leipziger. Wütend und aufgebracht gegen die Bonner Politik zeigen sich die Menschen am Tag des Kanzlerbesuchs in Leipzig aber kaum. Eher verzweifelt und deprimiert.

Siehe Querspalte Seite 10

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen