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Dem Hartmannbund geht Rönsch zu weit

■ Vorschlag zum Paragraph 218 sei „faules Ei“/ Widersprüche zwischen Ministerinnen Rönsch und Merkel

Berlin (ap/taz) — Der konservative Ärzteverband Hartmannbund reagiert mit Ablehnung auf die Vorschläge von Familienministerin Rönsch (CDU) zur Änderung des Paragraphen 218. Präsident Hans-Jürgen Thomas kritisierte insbesondere, daß bei Schwangerschaftsabbrüchen nur noch der Arzt die Notlage bescheinigen soll, der auch den Eingriff vornimmt. Dies könne nicht ein Arzt allein entscheiden.

Rönsch hatte am Wochenende ihre „Leitsätze“ für ein neues Abtreibungsrecht vorgestellt, das die geltende westdeutsche Regelung mit genereller Strafbarkeit von Abbrüchen, einer Zwangsberatung und Indikationsfeststellung beibehält. Im Unterschied zum heutigen Paragraph 218 soll nach den Vorstellungen der Familienpolitikerin jedoch der Arzt, der die Indikation feststellt, auch derjenige sein dürfen, der den Abbruch vornimmt.

Im Detail sehen die „Leitsätze“ vor, daß im ersten Schritt eine Beratung über soziale und finanzielle Hilfen stattfinden muß. Nach einer dreitägigen Bedenkfrist sollen sich Frauen einer weiteren Beratung bei einer/m Ärztin/Arzt unterziehen. Diese sollen in einem „intensiven Gespräch objektiv feststellen“, ob eine Indikation für den Abbruch vorliegt und gegebenenfalls die Abtreibung vornehmen. Als Indikation soll eine medizinische und eine „psychosoziale“ Notlage der Frau gelten.

Rönsch hatte erklärt, der Arzt könne sich strafbar machen, wenn er „wider besseres Wissen das Vorliegen einer Notlage bejahe“. Die zu der Beratung und zu dem Abbruch berechtigten Ärztinnen und Ärzte sollen von den Kammern künftig eine eigene Zulassung erhalten müssen — bisher kann jeder Arzt ohne Zusatzqualifikation einen Abbruch vornehmen. Zu der Vorstellung der Ministerin, bei ungenügender Beratung sollten sich die Ärzte vor Gericht verantworten müssen, erklärte Thomas: „Dieser Vorschlag ist ein faules Ei.“ Er unterstelle, daß Ärzte leichtfertig zum Abbruch raten. Davon könne keine Rede sein.

Deutlich wurde bei der Vorstellung der Leitsätze auch, daß es weiterhin Meinungsverschiedenheiten zwischen Familienministerin Hannelore Rönsch und Frauenministerin Angela Merkel gibt, die eher dem Modell Rita Süssmuths zuneigt. Danach soll die letzte Entscheidung über das Vorliegen einer Notlage nicht bei einem Arzt, sondern bei der Frau liegen. Lu

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