: Koalition schlägt sich — Koalition verträgt sich
■ Nach einem Wochenende starker Worte aus den Reihen der FDP und CDU herrscht in Bonn wieder Eintracht
Berlin (taz) — Das Wochenende bot den Bonner Koalitionsparteien CDU, CSU und FDP reichlich Zeit und Gelegenheit zur öffentlichen Kritik und Selbstkritik. Gestern aber wurden die aufgewühlten Wogen wieder geglättet. Nach einer Präsidiumssitzung seiner Partei ließ FDP- Chef Otto Graf Lambsdorff in Bonn vernehmen, die Liberalen stünden fest zur Bonner Koalition. Die Koalition weise „die erforderliche Gestaltungskraft“ auf. Verräterisch sind nur noch Formulierungen, die FDP werde sich „bemühen“, ein stabiler Partner zu bleiben, auch „Absatz- Tendenzen“ seien innerhalb seiner Partei nicht erkennbar. Um letzte Zweifel auszuräumen, fügte Lambsdorff hinzu, er werde sich an diesem Mittwoch in Potsdam mit den Landesvorsitzenden der Liberalen aus den neuen Bundesländern treffen.
Am Sonntag noch hatte der FDP- Chef auf dem Parteitag der NRW-Liberalen in Aachen die Bonner Koalitionspartner davor gewarnt, künftig im Vermittlungsausschuß Positionen zu akzeptieren, die sie nicht gegen die FDP durchsetzen konnten. Die Aussage, Koalitionen seien „Zweckbündnisse auf Zeit“, sei immer noch zutreffend. Ein „gewissermaßen geborener Befürworter“ einer konservativ-liberalen Koalition sei er nicht. Wenn ein Bündnis keine politische Gestaltungskraft mehr habe, müsse die FDP den Mut zum Wechsel haben. Seine Partei stehe in unterschiedlichen Koalitionen für die gleichen liberalen Grundsätze.
Für den Bundeskanzler ist im Augenblick vor allem ein Ergebnis parteiinterner Diskussionen wichtig: Seine Position ist innerhalb der angeschlagenen CDU auch von den schärfsten Befürwortern einer neuen Strategiediskussion nicht ernsthaft in Frage gestellt worden. Bundesarbeitsminister Norbert Blüm hält die selbstkritischen Debatten unter CDU-Kollegen für „reine Fliegenfänger-Diskussionen“. Trotzdem sollen sich Kohl und Schäuble auf eine Klausurtagung des Vorstandes und einen kleinen Parteitag Anfang Juni geeinigt haben, um das CDU- Tief aufzuarbeiten.
Festgebissen an ihrer gegenseitigen Kritik haben sich jetzt nur noch CSU und FDP. Die „Anbiederei“ der Liberalen an die Mainzer SPD sei kaum zu überbieten, hieß es gestern aus Bonner CSU-Kreisen, während Lambsdorff zurückschoß, die Bayern mißbrauchten die FDP „als Blitzableiter für die eigenen Probleme“. bg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen