: Über Treuherzige, Heilige, Kranke
■ Ulrich Reineking-Drügemöller: Text as Text can
Des Okultismus verdächtig gemacht hat sich der amtierende Hoffnungsträger der bremischen Christen- Union, der Sparkassenangestellte Ulrich Nölle. Seine Visite beim publicity-geilen Sternengucker “Professor“ Alexander Morin brachte ihm heftige Kritik aus dem Fundamentalo-Lager um den frommen Motschmannund seine Heilige Elisabeth ein. Schwach dann seine Verteidigung: Der Weser-Report habe ihn mit der PR-Aktion überrumpelt. Achgottchen — kann es denn für einen Politiker entlastend sein, sich vom Gesinde des Herrn Schulenberg austricksen zu lassen? Andere Fallensteller inner- und außerhalb der Union werden durch soviel Treuherzigkeit doch geradezu ermuntert! Und außerdem hätte sich Nölle ja auch an die Parteifreundin Karin Stieringer wenden können: Die heimliche Chef-Astrologin ihrer Bürgerschaftsfraktion soll recht ordentliche Horoskope stellen und dabei wesentlich diskreter vorgehen als die Pytia der Sögestraße.
Arm aber nicht kleinkariert. So stellt Bruder Karl Löster von den Kapuzinern seinen Orden per Kleinanzeige in hiesigen Tageszeitungen vor. Bekennt sich dabei zur franziskanischen Bescheidenheit: „Was nicht heißt, daß Bruder Tobias nicht Tennis spielen kann. Bewußte Armut ist etwas völlig anderes als Geiz. Doch bevor wir hier für Möbel von IKEA ins Schwärmen geraten, möchten wir Interressierte lieber zu einem Gespräch einladen — mit oder ohne Tennisschläger.“ Wer also Schwierigkeiten mit dem Zusammenbau seines Regals vom Möbel-Elch hat oder dem sportlichen Tobi im Tie-Break beikommen möchte: Bruder Karl ist unter Tel. 02871/34 00 65 erreichbar!
Richtig nett finde ich in Erinnerung an schöne, lange, wilde Jahre“ on the road“, die Kritik der Jungen Liberalen an der Kreuzungsregelung am Stern. Bremens Ober-Juli, Magnus Buhlert, vermisst eine Haltestelle für die vielen City-Tramper, die von dort aus täglich ihren Lift zur Uni herbeiwinken. Schön, daß der freisinnige Magnus die soziale, ökologische und vermutlich auch basisdemokratische und zumeist gewaltfreie Verkehrsvariante des Trampens endlich mal im politischen Raum thematisiert. Feierliches Ehrenwort: Dieses Lob ist ernst gemeint.
Noch ein ernstgemeintes Lob: Beim Maibock-Anstich des Hauses Beck & Co sichtete man zu vorgeschrittener Stunde einen sozialdemokratischen Politiker beim Versuch, zwei Biergläser unter dem Jackett aus dem Festzelt zu verbringen. Leider scheiterte das Unterfangen an einer heimtückischen Stufe am Ausgang des Festzeltes. Die Begebenheit als solche belegt einmal mehr die Schwäche allen Fleisches Kurz vor Himmelfahrt sicher ein nachdenklich und auch optimistisch stimmender Vorfall. Feierlich gelobt der Chronist dem Täter solidarische Verschwiegenheit.
Nach dem Fußballspiel Deutschland-Belgien in einer Waller Vereinsgaststätte: „Dann hab ich dem Doktor gesagt, wenn er mir kein gelben Urlaubsschein gibt, dann steh ich morgen mit sechs Mann aus der Mannschaft auffer Matte, her mit dem Krankenschein.“ Wir wünschen weiterhin gute Gesundheit. Konsumenten gemeinsam: Wie sollten sie in der Marktwirtschaft aufzuhalten sein?
Einen vermutlich kongenialen Partner fand das ehemalige Buten & Binnen Wetterhähnchen Egon Wellenbrink in dem kleinen grünen Dinosaurier Dino. Mit dem elektronisch gesteuerten Fabelwesen hat der auch als Konkurrent des Tchibo-Kaffeonkels hervorgetretene Egon W. 26 Folgen einer Kinderserie für Sat 1 abgedreht. Die Produktionsfirma Spektrum TV enthüllte inzwischen des Dinos wahren Kern: Im wissensdurstigen Saurier steckt ein sogenannter Liliputaner mit dem sogenannten Namen Bimbo. Wer aber in der Maske von Wellenbrink steckt, bleibt weiterhin Geheimnis des Heimatsenders Radio Bremen. Man achte drauf: Ab Herbst wird es nicht nur Dinos, sondern auch Egons zum Aufblasen geben!
Mutter-und Vatertag stehen vor der Tür, der Mai ist gekommen und die Bäume schlagen aus. Kann dies ein entschuldigender Grund dafür sein, daß immer mehr Walkmänner und- frauen im öffentlichen Personennahverkehr ihre akustischen Emissionen durch Mitsummen verstärken?
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