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Grüne: Wir kommen wieder!

■ Betr.: "Grüne: Links vor, real zurück", "Vom Lager zur Sekte", taz vom 29.4.91

betr.: „Grüne: Links vor, real zurück“, Seite 1, Tagesthema Seite 3, Kommentar: „Vom Lager zur Sekte“ von Klaus Hartung,

taz vom 29.4.91

Als einer der Delegierten des BDK (Bundesdelegiertenkonferenz) in Neumünster muß ich mich sehr über die Berichterstattung und den Kommentar in der taz zu den Ergebnissen dieser BDK wundern. [...]

Diese BDK war der Neubeginn der Grünen, den diese so dringend gebraucht haben. Erstmals in der Geschichte dieser Partei gelang es, daß sich — strömungsübergreifend — Menschen zusammensetzten und gemeinsam Konsenspapiere zu den wichtigen Themen erarbeiteten. Diese Konsenspapiere wurden dann auch von der BDK mit großen Mehrheiten angenommen.

Im Rahmen der Strukturreform erstellte eine gemeinsame Arbeitsgruppe mit VertreterInnen von Realos, Aufbruch und Linkem Forum (oder zählt die taz Christian Ströbele und Volker Beck inzwischen zu den Realos?) zwei Kompromißpapiere zu den Themenkomplexen Länderrat und Bundesvorstand. Diese beiden Papiere erhielten bei den Abstimmungen der BDK überwältigende Mehrheiten und leiteten die so notwendig gewordene Strukturreform ein.

Der einzige Punkt dieser Strukturreform, der noch keine Zweidrittelmehrheit erreichen konnte, war die Trennung von Amt und Mandat im Bundesvorstand. Dieser Themenkomplex ist fast nicht mehr diskussionsfähig, da er in den letzten Jahren und auch in der BDK zu dem alles entscheidenden Punkt künstlich hochstilisiert wurde. Dies führte zu einer totalen Polarisierung zwischen den einzelnen Gruppierungen innerhalb der Grünen. Auch im Vorfeld dieser BDK wurde diese durch den Auftritt des Dreigestirns Vollmer/Kleinert/ Wollenberger weiter vorangetrieben. Vor dem Hintergrund dieser Polarisierung kann auf einer BDK keine für Satzungsänderungen notwendige Zweidrittelmehrheit erreicht werden!

Was ist denn so wichtig an dieser Aufhebung der Trennung von Amt und Mandat im Bundesvorstand? [...] Im auf der BDK neu geschaffenen Länderrat ist die Trennung von Amt und Mandat schon teilweise aufgehoben, da dort Mitglieder des Bundestages, des Europaparlamentes und auch der Länderparlamente Sitz und Stimme haben, und dieser Länderrat den Bundesvorstand kontrolliert!

Auch bei der politischen Positionsbestimmung der Grünen gab es einen ungeheuren Fortschritt: Oberrealos wie Fritz Kuhn und gemäßigte Linke wie Ludger Volmer setzten sich zusammen und erarbeiteten ein gemeinsames Positionspapier, welches am Sonntag mit einer überwältigenden Mehrheit von der BDK angenommen wurde — wo steht in Eurer Berichterstattung ein Wort über dieses gemeinsame Positionspapier?

Durch diese strömungsübergreifende Zusammenarbeit zwischen Realos, Aufbruch und Linkem Forum war diese BDK geprägt. Die grüne Partei lebt von einer konstruktiven Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Gruppierungen und nicht von einer unsinnigen Polarisierung! Dies wurde auch bei der Wahl der beiden SprecherInnen deutlich: Antje Vollmer und Hubert Kleinert förderten mit ihren unsäglichen Presseauftritten in den letzten Wochen diese Polarisierung zwischen den einzelnen Strömungen und erhielten dafür von den grünen Bundesdelegierten ihre Quittung. Den beiden neuen SprecherInnen Christine Weiske und Ludger Volmer wird von der BDK zugetraut, eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Gruppierungen herbeizuführen und eine geeinte grüne Partei wieder zurück in den Bundestag.

Diese BDK war ein Erfolg für die grüne Partei, und dieser Erfolg wird von den Realos, dem Aufbruch und dem Linken Forum getragen! Es ist schade, daß sich die RadikalökologInnen aus dieser Partei verabschieden, und sich auch aus der Verantwortung für dieses Land stehlen. [...] Die Grünen haben eine Zukunft. Diese liegt in der konstruktiven Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Gruppierungen und diese Zusammenarbeit hat in Neumünster begonnen. Roland Scherer, Konstanz

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