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Vier Instrumental-Kehlen

■ Das A Capella-Quartett „The Bobs“ hatte seinen ersten Auftritt in Deutschland

Bei „Purple Haze“ jault die Gitarre von Jimmy Hendrix — zwei Bläser improvisieren den Jazz in Grund und Boden — der Rhythmus von Schlagzeug und Bass groovt wie bei der besten Popmusik — Johnny Cash kann plötzlich richtig singen und hat eine noch tiefere Stimme.

„Alle Töne wurden mit dem Mund oder anderen Körperteilen produziert“ steht auf einer LP der „Bobs“, aber man muß auch sehen, wie die drei Sänger und die Sängerin eine gesamte Rockband, jede Nuance eines Beatlessongs oder ein Swingarrangement aus den hohlen Mündern zaubern. Denn Richard Bob, Matthew Bob, Janie Bob und Joe Bob sind viel mehr als ein perfekt eingestimmtes Gesangsquartett, das zwischen Klassik, Polka und New Wave alles singen kann. Erst wenn sie ihre Mischung aus Coverversionen und Eigenkompositionen auf der Bühne präsentieren, zeigt sich ihre wichtigste Qualität: die vier sind sehr, sehr witzig! Sie spielen jeden einzelnen Song vor und verwandeln sich in idiotisch lächelnde Hare Kishna-Jünger, hartgesottene Detektive (bei dem ersten „A Cappella — noir“ Song der Welt) oder in leidenschaftliche Tänzer, die von ihren Trieben so überwältigt werden, daß sie statt des Songtextes nur noch Brunstlaute ausstoßen können. Ihr sehr amerikanischer Humor (ein Kritiker meinte, sie würden singen wie Gary Larson zeichnet) kam überaschend gut beim deutschen Publikum an. Auch die feineren Pointen wurden verstanden, am meisten begeisterte aber feine Balance zwischen ausgelassener Bühnenshow und dem immer präzisen und brillianten Gesang.

Wenn Matthew Bob Stull bei „Psycho Killer“ seine Glieder verrenkt und wie ein Irrer über die Bühne zuckt, findet er trotzdem genau zu seinen Einsätzen wieder zurück ans Mikrophon, und immitiert dann die Stimme von David Byrne so genau, daß einem dabei Angst und Bange werden kann.

In den USA füllen die „Bobs“ inzwischen große Hallen. Ein Kritiker aus Los Angeles verstieg sich zu dem recht merkwürdigen Lob: “Wenn die Geldsäcke in ihren schärfsten Klamotten kommen, um eine Show zu sehen, ist klar, daß diese Show eine heiße Kartoffel ist.“

In der Schauburg waren auf den ersten Blick keine Geldsäcke auszumachen, aber der begeisterte Applaus machte deutlich, daß man auch in Bremen eine „Hot potato“ zu schätzen wußte. Für alle, die Appetit darauf bekommen haben, treten die „Bobs“ am 17.5. um 23.00 Uhr nocheinmal in der Schauburg auf. Willy Taub

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