: Der Fluch der bösen Tat
■ Mats Sundin verhinderte mit seinem Tor zum 2:1 gegen die Sowjetunion eine schurkische US-amerikanisch-kanadische Coproduktion und machte Schweden zum Eishockey-Weltmeister
Berlin (taz) — Nachdem es mit dem Doping nicht mehr ganz so klappen will im internationalen Sport, scheinen die Aktiven zu entdecken, daß es ja noch viel hübschere Formen der Mauschelei gibt. Bei der Tischtennis-Weltmeisterschaft in Japan sorgten ein unwiderstehlicher Drang zur Niederlage bei den Chinesen und eine dadurch hervorgerufene Darmschwäche der deutschen Spieler für Unterhaltung, in Finnland waren es zum Schluß die Eishockeyspieler der USA, die sich noch einmal nachhaltig ins Gespräch brachten.
35 Sekunden vor Schluß ihrer Partie gegen Kanada nahmen sie beim Stande von 3:7 zur allseitigen Überraschung ihren Torhüter Vanbiesbrouck zugunsten eines sechsten Feldspielers vom Eis und ermöglichten den Kanadiern dadurch genau die zwei Tore, die diesen noch zum möglichen Weltmeistertitel fehlten. Das Tor von Macoun zum 9:4 in der letzten Sekunde bedeutete, daß Kanada bei einem Remis zwischen Schweden und der UdSSR Champion geworden wäre — ein Akt erstaunlicher Nachbarschaftshilfe unter den sonst so kräftig rivalisierenden Hockeyhochburgen Kanada und USA. „Wir wollten noch gewinnen“, behauptete der US-Coach dreist, während Kanadas Assistenztrainer Carpenter frech meinte: „Wir hätten genauso gehandelt.“
Doch ausgerechnet einer, der in Kanada sein Geld verdient, verdarb das üble Spiel: Mats Sundin von den Quebec Nordiques, einer der überragenden Kufenkünstler dieser WM. Mit zwölf Punkten belegte der 20jährige gemeinsam mit dem Finnen von den Milano Devils, Jari Kurri, die Spitze der Scorer-Wertung, und dreieinhalb Minuten vor Schluß schoß er gegen die UdSSR nach einem glänzenden Solo jenes Tor, das den Schweden den Weltmeistertitel brachte und die Mannen des Viktor Tichonow in bronzene Tiefen stürzte.
Zuvor hatte es durch ein Tor des in Mannheim spielenden Bergkvist nach 2:30 Minuten und dem Ausgleich durch Semak (10:10) 1:1 gestanden. Alles roch nach einem äußerst anrüchigen kanadischen Triumph, als Sundin, der sich während des gesamten Matches heftige Zweikämpfe verbaler und physischer Natur just mit seinem Quebecer Mannschaftskameraden Gusarow geliefert hatte, doch noch zuschlug. Ein unerschütterlicher Torhüter Ridderwall wehrte danach souverän alles ab, was während der Schlußoffensive der Sowjets auf ihn zukam, und nach der letzten Sirene dieser insgesamt ziemlich öden Weltmeisterschaft brach großer Jubel aus in der mit 11.800 Zuschauern gefülllten Typhoon- Halle zu Turku. Die Schweden warfen alles in die Luft, dessen sie habhaft werden konnten — Schläger, Helme, Mitspieler — und Coach Conny Evensson jubelte: „Es ist der schönste Tag in meinem Leben.“
Etwas bedeppert betrachteten die Kanadier die Schlußphase dieses Matches, waren aber wohl nicht allzu betrübt. In ihrer Heimat interessiert sich ohnehin kein Schwein für ihr Tun. Dort geht es nur darum, ob es wohl im Stanley-Cup zur Neuauflage des Vorjahresfinales zwischen den Pokalverteidigern Edmonton Oilers und den Boston Bruins, die auch ihr zweites Match gegen die Pittsburgh Penguins gewonnen haben, kommt. Matti
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen