: Südwest-Metaller gehn voran
■ Pilotabschluß für die Metallindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden: 6,7 Prozent mehr und zusätzliche Verbesserungen für die unteren Lohngruppen/ Andere Bereiche werden folgen
Sindelfingen (dpa) — Im Tarifkonflikt der westdeutschen Metallindustrie ist am Sonntag für Nordwürttemberg/Nordbaden ein „Pilotabschluß“ erzielt worden. Damit dürfte die Metalltarifrunde ohne offenen Arbeitskampf gelöst sein. Arbeitgeber und IG Metall einigten sich Sonntag früh in Sindelfingen nach fast 15stündigem Verhandlungsmarathon auf 6,7 Prozent mehr Lohn für die 700.000 Metallbeschäftigten des Bezirks. Zudem wurden überproportionale und dauerhafte Einkommensverbesserungen für die drei unteren Lohngruppen vereinbart.
Die prozentuale Erhöhung soll vom 1. Juni an gelten. Für Mai und April gibt es Einmalzahlungen von jeweils 290 Mark. Lehrlinge sollen für alle vier Ausbildungsjahre jeweils 110 Mark mehr im Monat bekommen. Die Laufzeit beträgt zwölf Monate. Das Gesamtvolumen des Abschlußes bezifferten beide Tarifparteien auf sieben Prozent.
Das in sechster Runde errungene Ergebnis hat Signalwirkung für alle anderen drei Millionen Metaller in den alten Bundesländern. Die eine Million Metallbeschäftigte in Ostdeutschland werden erst im kommenden Jahr von dem Abschluß profitieren. Dem Abschluß waren massive Warnstreiks vorausgegangen.
Das Präsidium des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall stimmte dem Abschluß noch in der Nacht zu. Der Vorstand von Gesamtmetall beriet am Sonntag in Sindelfingen über die Übernahme des Pilotabschlusses für die anderen Metallbezirke. Auch der stellvertretende IG Metall-Chef Klaus Zwickel geht davon aus, daß im Laufe der Woche auch in den übrigen 17 westdeutschen Tarifbezirken eine Einigung auf der Basis des Sindelfinger Kompromisses erzielt wird. Insbesondere mit den Strukturverbesserungen sei ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Entgeltstrukturen erreicht.
Nicht zufrieden über das Ergebnis waren die Verhandlungsführer beider Seiten. Der Vorsitzende des Verbandes der Metallindustrie Baden- Württemberg (VMI), Dieter Hundt, räumte ein: „Wir haben unser Ziel nicht erreicht.“ Der Abschluß sei gemessen an der wirtschaftlichen Situation in der Branche „zu hoch“. Gefährdet seien jetzt viele Firmen und Arbeitsplätze. Ohne die „stark reduzierte Strukturkomponente“ hätte es keine Einigung gegeben. Für den baden-württembergischen IG Metall-Bezirksleiter Walter Riester ist der ohne Arbeitskampf errungene Abschluß ein noch vertretbarer Kompromiß.
Die Strukturverbesserung sieht im einzelnen vor, daß die untersten Lohngruppen Eins und Zwei (beide 1.920 Mark) auf das Einkommensniveau der Gruppe Drei (2.016 Mark) angehoben werden. Die Lohngruppe Drei soll auf das Verdienstniveau zwischen Drei und Vier (2.112 Mark) steigen. Davon profitieren etwa zwölf Prozent der Arbeiter.
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