: Dank & Anmache
■ Publikums-Diskussion nach dem Film
Mit langanhaltendem Beifall endete am Sonntag die Filmpremiere „Wir möchten noch viel lauter sein“ im großen Haus der Schauburg (vgl. nebenstehende Filmkritik). Dann begann — nach kurzer Pause — die Diskussion über den Film. Zehn der insgesamt zwölf Filmproduzentinnen saßen auf der Bühne, strahlend, erwartungsvoll, ein Sektglas in der Hand. Über hundert ZuschauerInnen waren nach dem Film im Saal geblieben, viele weniger zum Diskutieren und Fragen-Stellen als zum schlichten Sich-Bedanken.
Die Initiatorin der Film- und Selbsthilfegruppe, die Bremer Sozialpädagogin Rita Hähner, bedauerte, daß so wenig verantwortliche Personen aus den Bremer Behörden und Parteien der Einladung zur Filmpremiere gefolgt waren: „Wir sind enttäuscht. Wir fühlen uns verantwortlich dafür, daß es in Bremen keine Zufluchtstätten für mißbrauchte Mädchen gibt. Wir hätten diese Verantwortung gerne an dieser Stelle abgegeben.“ Der Fortgang der Debatte zeigte, daß durch den Film der Bedarf an Zufluchtstätten weiter anwachsen wird, denn der Film macht Mut zur Auseinandersetzung, Mut zum Weggehen — ohne daß ein geschützter Ort in Sicht ist. Mädchen aus dem ZuschauerInnenraum sprachen unter Tränen. Ein junger Mann sagte: „Ich bin eine betroffene Person. Wo soll ich hingehen?“ Den Film-Frauen auf der Bühne sagte er: „Wozu seid Ihr betroffen, wenn Ihr anderen gar nicht helfen könnt?“ Rita Hähner wies ihn zunächst schroff ab: „Wir wollen diese Verantwortung nicht haben.“ Eine andere Frau nahm den Redner in Schutz: „Der Mann eben wollte doch nur eine Adresse!“ Das Auftreten dieses männlichen Opfers und das überproportionale Zu-Wort-Melden männlicher Zuschauer brachte dem Saal bald eine „Frau-Mann“- Kontroverse. „Plötzlich geht es um Männer. Und Frauen werden als Vehikel benutzt für Männer“, monierte eine Zuschauerin und forderte die anwesenden Frauen inständig auf, doch beim Thema „Mädchen“ zu bleiben. „Untersuchungen aus den USA zeigen, daß auf zwei betroffene Mädchen ein betroffener Junge kommt“, gab ihre Nachrednerin aber mahnend zu bedenken. Die Diskussionsleiterin schloß bald die Redeliste. Die Sektlaune war vorbei. B.D.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen