piwik no script img

Standbild: Naja, ganz nett

■ "Der Plakatierer" neue Kinderserie sonntags im ZDF

Redakteure haben bisweilen die Gabe, einen eiskalt zu erwischen. Ob man am Nachmittag schon was vorhabe, hatte es am trüben Sonntagmorgen aus dem Hörer geklungen. Da kommt doch nachher, so gegen zwei, die erste Folge dieser neuen Kinderserie, Der Plakatierer, im ZDF... Öh..., ja eigentlich... äh...

Einmal beim planlosen Lotterleben ertappt, kam die Erinnerung, daß die TV-Beilage des 'Stern‘ dieser „am Küchentisch einer Wohngemeinschaft“ ausgebrüteten Serie eine geradezu euphorische Titelstory gewidmet hatte. Also, mit einigen Überredungskünsten (Eis und Cola) ein „Testkind“ aus der befreundeten Nachbarschaft ausgeliehen und erwartungsvoll den Fernseher angestellt.

Zwei Mitstreiter des Plakatierers Gustav kündigten die erste Folge an und hielten dabei eben jene Ausgabe der 'Stern‘-Beilage in der Hand. Ein netter Gag, aber Testperson Oliver, zehn Jahre, Typ „aufgewecktes Kind“, zeigte (natürlich) keine Reaktion. Ich erklärte die Pointe, er sagte „ach so“ und widmete sich seinem Eis.

Und nach diesem Schema ging es weiter. Eine Kreuzung auf der „grünen Wiese“ mit Verkehrspolizist, Kiosk und Litfaßsäule gemahnte mich an Achternbusch, während ihm die Groteske gar nicht sonderlich abstrus vorkam. Als die drei Akteure dann unversehens im Pappmaché- Schloß eines eben geklebten Plakates verschwanden und ich Oliver betont aufmunternd ansah, kam dieser doch wahrhaftig mit dem Hinweis daher, daß es sowas in Mary Poppins auch schon gebe. Sollte ich vielleicht ein besonders abgebrühtes Exemplar der Gattung Fernsehkind erwischt haben oder sind diese Grenzgänge zwischen „Phantasie und Wirklichkeit“ vielleicht nur ein Erwachsenentraum(a)? Was blieb, waren die bewußt dilettantischen Verkleidungen und Requisiten, die dem Ganzen zweifellos den erfrischenden Charme eines B-Pictures verliehen, zumal man dank 'Stern‘ um die abenteuerliche Entstehungsgeschichte wußte. Doch ob ein Film in der WG- Küche oder am Schreibtisch ausgebrütet, in einem 20-Quadratmeter- Raum oder in Hollywood inszeniert wurde, ist Kindern nun mal völlig schnuppe. Wichtig ist bekanntlich nur, was hinten rauskommt. Und das war, gemessen an den Vorschußlorbeeren, nicht viel. Hier und da ein netter Gag, aber ansonsten eine Geschichte, die gut ein paar zündende Ideen mehr vertragen hätte. Gesamturteil Oliver: „Na ja, ganz nett.“ Reinhard Lüke

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen