: Weiter sinkende Umsätze beim Chemieriesen Bayer
■ Bürgerinitiative demonstriert gegen Gentechnik-Engagement des Konzerns
Leverkusen (dpa/ap/taz) — Nach dem Gewinneinbruch 1990 hat der Chemiekonzern Bayer AG auch im 1. Quartal 1991 schlechter abgeschnitten als im Vorjahr. Der Konzernumsatz sank in den ersten drei Monaten des Jahres um 1,9 Prozent auf 10,8 Milliarden Mark, das Ergebnis vor Ertragssteuern lag mit 880 Millionen Mark um 5,4 Prozent unter dem desselben Vorjahreszeitraums, so Vorstandsvorsitzender Hermann Strenger gestern auf der Bilanzpressekonferenz.
Nach sieben Jahren des Aufschwungs habe Bayer 1990 spürbare Einbrüche hinnehmen müssen: Der Umsatz des Konzerns verringerte sich im abgelaufenen Geschäftsjahr um rund vier Prozent auf 41,6 Milliarden Mark. Der Gewinn vor Steuern sei sogar um 18 Prozent auf knapp 3,4 Milliarden Mark gesunken, sagte Strenger.
Dagegen verzeichnete Bayer in den fünf neuen Bundesländern seit Januar dieses Jahres „einen kräftigen Anstieg“, besonders mit Produkten für die Landwirtschaft und die Informationstechnik. Der Bereich Gesundheit und Pharmazie ist den Angaben zufolge inzwischen mit über acht Millarden Mark Umsatz und einem Betriebsergebnis von 1,561 Milliarden Mark der umsatzstärkste Sektor des Unternehmens. Das Ergebnis konnte nochmals um 23 Prozent erhöht werden.
Den Umsatzrückgang führte die Geschäftsleitung vor rund 200 JournalistInnen vor allem auf währungsbedingte Einbußen zurück. Die Höherbewertung des Dollar habe sich noch nicht spürbar auf die Erlöse ausgewirkt. Die jüngsten Währungsentwicklungen, die Entspannung auf den Rohstoffmärkten und interne Vorbereitungen auf einen härteren Wettbewerb lassen die Bayer-Manager allerdings „der weiteren Entwicklung zuversichtlich entgegensehen“. Vor dem Saal demonstrierten unterdessen 30 Männer und Frauen mit Gasmasken und Mundschutz gegen das Traditionsunternehmen, das das berüchtigte Kampfgas Lost entwickelt hatte.
Die „Coordination gegen Bayer- Gefahren“, kritisierte den Chemiegiganten zudem als den Schlüsselkonzern im Bereich der Gentechnikanwendung. Bayer, führend in der Grundlagenforschung, habe maßgeblichen Einfluß auf Beschlüsse der Enquetkommission Gentechnik genommen. Axel Köhler-Schnura von der „Coordination“ bemängelt außerdem, daß der Konzern jetzt besonders bei freiwilligen Umweltschutzinvestitionen spare, anstatt bei der 13-Mark-Dividende für die AktionärInnen zu kürzen.
Der Geschäftsbericht spricht bei Industrieprodukten, der Landwirtschaft, in der Informationstechnik und bei den Polymeren und Organica von einer „gebremsten“ Entwicklung. In Europa, dem wichtigsten Markt des Chemieriesen, hätten sich die Umsätze um 1,8 Prozent auf 7,6 Milliarden Mark abgeschwächt. Der Umsatz der nordamerikanischen Gesellschaften habe mit 1,9 Milliarden Mark um 4,5 Prozent unter dem Vorjahreswert gelegen. Das Geschäft in Lateinamerika sei um 9,7 Prozent gesunken. Schlechte Chancen also für die ArbeiterInnen von Bayer Industrial in Lima, die seit Februar mit Unterbrechungen dagegen streiken, daß ihre Löhne trotz der rasanten peruanischen Inflation nicht entsprechend erhöht werden. Die AG erzielte im ersten Quartal einen Umsatz von 5,1 Milliarden Mark (minus 3,9 Prozent), der Gewinn vor Ertragssteuern sank laut Aktionärsbrief um 2,9 Prozent auf 510 Millionen. Ende März arbeiteten 169.700 Menschen beim Bayer-Konzern gegenüber 170.300 Ende März 1990. dri
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen