piwik no script img

Proteste in Südkorea nehmen kein Ende

Seoul (ap/afp) — Der Tod eines südkoreanischen Gewerkschaftsführers in Polizeigewahrsam hat gestern in Seoul wieder schwere Straßenkämpfe ausgelöst. Rund 1.000 Mann einer Sonderpolizeieinheit setzten Schlagstöcke, Bambusstäbe und Tränengas ein, um eine aufgebrachte Menge mehrerer hundert Arbeiter und Studenten daran zu hindern, den Leichnam des Regimekritikers aus einem Krankenhaus der Hauptstadt zu holen. Die Opposition wirft der Polizei vor, sie wolle vertuschen, daß der Gewerkschafter im Gefängnis getötet worden sei. Die Demonstranten warfen Steine und Brandsätze auf die Polizisten. Nach Darstellung in Dissidentenkreisen wurden etwa 20 Menschen verletzt und rund 100 festgenommen. Die Polizei riegelte das Krankenhaus völlig ab. Anderen Angaben zufolge seien die Polizisten anschließend unter Einsatz von Tränengas in das Krankenhaus eingedrungen. Der 30jährige Park Chong Soo, Vorsitzender der Betriebsgewerkschaft eines Maschinenbaukonzerns, war am fünften Tag eines Hungerstreiks tot aufgefunden worden. Nach Darstellung der Behörden hatte sich Park vom Dach oder aus einem Fenster des Krankenhauses gestürzt, wo er wegen einer im Gefängnis erlittenen Verletztung behandelt wurde. Der im Februar nach regierungsfeindlichen Demonstrationen verhaftete Gewerkschafter gehörte zu den Organisatoren eines Hungerstreiks im Gefängnis, der sich gegen den Tod eines Ende April von Polizisten verprügelten Studenten richtet. Dieser Vorfall hatte in den vergangenen Tagen zu landesweiten Massendemonstrationen geführt. Das Bündnis der 40 Oppositionsgruppen Südkoreas forderte eine umfassende Untersuchung der Umstände, die zu Parks Tod führten. Außerdem forderten sie Präsident Roh Tae Woo auf, den Arbeits- und den Justizminister zu entlassen. Für Donnerstag hat die Opposition zu landesweiten Demonstrationen gegen die Regierung aufgerufen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen