: Krisenkonferenz der KSZE zu Konflikten in Jugoslawien?
■ Dänemark ergreift die Initiative zur Einberufung/ Das Wiener KSZE- Konflikt-Vermeidungszentrum als Operationsbasis noch zu schwach
Kopenhagen/Berlin (taz) — Kroatiens scheidender Außenminister Frane Golem hat zur Abwehr der Bürgerkriegsgefahr in Jugoslawien ein Stichwort aufgegriffen, das seit einigen Wochen in der Öffentlichkeit — auch von der taz — lanciert worden ist: Internationalisierung. Er denkt an eine Einschaltung der KSZE, gute Dienste der Anrainerstaaten Österreich, Italien und Ungarn — und, wenn alles nichts hilft, an eine Friedenstruppe, sei es unter KSZ-europäischer oder UNO-Ägide.
Jetzt haben mehrere skandinavische Länder mit Dänemark an der Spitze die Initiative für eine außerordentliche Konferenz der KSZE mit dem einzigen Tagesordnungspunkt Jugoslawien ergriffen.
Aus dem dänischen Außenministerium war zu hören, die außerordentliche Zuspitzung der Krise erfordere „erweiterte Kompetenzen für die KSZE“. Das soeben in Wien eingerichtete KSZE-„Zentrum für Konfliktvermeidung“ unter Leitung des dänischen Diplomaten Bent Rosenthal könnte als Organisationsbasis für eine europäische Intervention dienen. Dem Zentrum, das mit der ebenfalls im Aufbau befindlichen Prager Sicherheitsagentur in edlem Wettstreit liegt, sollen nach dem Willen der KSZE-Staaten weitreichende Aufgaben zur Lösung von Konfliktsituationen in Europa übertragen werden.
Auf der KSZE-Konferenz in Paris im November letzten Jahres waren bereits solche erweiterten Kompetenzen vorgeschlagen worden. Sie gründeten sich auf das Memorandum des tschechoslowakischen Außenministers Jiri Dienstbier zu einem kollektiven Sicherheitssystem in Europa, auf Anregungen der skandinavischen und mittelosteuropäischen Länder, Kanadas und der Bundesrepublik. Großer Bremser waren die USA, aber auch die Sowjetunion zeigte sich bei allgemeiner Zustimmung unwillig zu konkreten Maßnahmen.
Damals dachte man unter anderem an einen Alarmmechanismus, der die rasche Einberufung von Krisenkonferenzen erlauben würde. Das Wiener Büro (ebenso wie das Prager) besteht aber bislang nur dem Namen nach: in Wien aus sieben Angestellten, einem Diplomaten und einem eindrucksvollen Büroschild.
Nach seiner Beurteilung der Chancen gefragt, winkt Bürochef Rosenthal resigniert ab: „Im Augenblick fehlt uns ganz einfach die Basis, um uns mit Fragen solchen Kalibers zu befassen. Aber grundsätzlich wären wir gegenüber Aufgaben wie dieser natürlich positiv eingestellt.“ Das Gastgeberland des „Konflikt-Vermeidungszentrums“, Österreich, denkt ähnlich. Aus Regierungskreisen war zu hören, daß der Vorschlag erwogen wird, eine gesamteuropäische Friedenstruppe für einen eventuellen Einsatz in Jugoslawien aufzustellen: im Rahmen der KSZE. Reinhard Wolff/ Christian Semler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen