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Politikverbot für Hilfsorganisation

Größte britische Wohlfahrtsorganisation Oxfam von Kontrollbehörde verurteilt/ Forderung nach Sanktionen gegen Südafrika und Kampagne gegen Pol Pot seien „zu politisch“ gewesen  ■ Von Ralf Sotscheck

Die größte britische Wohlfahrtsorganisation, Oxfam, hat mit ihren politischen Aktivitäten einen Gesetzesbruch begangen. Mit der Kampagne für die Beibehaltung der Sanktionen gegen Südafrika zu Beginn vergangenen Jahres habe die Wohlfahrtsorganisation ihren Aufgabenbereich überschritten. Das entschied am Donnerstag die „Charity Commission“, die staatliche Kontrollbehörde für britische Wohlfahrtsverbände. Im Wiederholungsfall müsse Oxfam mit hohen Strafen rechnen, hieß es in einem Bericht der Kommission, der nach zwölfmonatigen Untersuchungen veröffentlicht wurde.

Laut einem Gesetz von 1960 ist es Wohlfahrtsverbänden verboten, sich politisch zu betätigen. „Wir können nicht akzeptieren, wenn ein wohltätiger Verein Kampagnen gegen die Politik irgendeiner Regierung führt“, sagte Sheena Smith, die die Untersuchung gegen Oxfam leitete. Darüber hinaus kritisierte die Kommission, daß Oxfam den ehemaligen kambodschanischen Diktator Pol Pot in einer Kampagne mit „zu großem Nachdruck“ verurteilt hat.

Die Kommission erklärte, sie habe erwogen, Spendengelder, die für politische Kampagnen ausgegeben wurden, zurückzuverlangen. Man habe diesmal jedoch davon abgesehen, da man davon ausgehe, daß die Oxfam-Treuhänder „in gutem Glauben“ gehandelt hätten. In Zukunft werde jedoch die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Allerdings wies Smith die Anschuldigungen rechter Gruppen zurück, die behauptet hatten, Oxfam unterstütze Marxisten.

Mary Cherry, die Vorsitzende des Oxfam-Kuratoriums, befürchtet, daß der Bericht der Kommission „schwere Folgen für alle britischen Wohlfahrtsorganisationen“ haben werde. Oxfam sei über die Vorwürfe nicht informiert worden und habe keine Gelegenheit gehabt, Stellung zu nehmen. „Wir sind überzeugt, daß unser Hauptziel — die Linderung von Armut, Not und Elend — nicht erreicht werden kann, ohne daß wir für die Menschen, denen wir helfen wollen, auch eintreten.“

Ein anderes Oxfam-Mitglied beschuldigte die Kommission, den schlechtesten Zeitpunkt für den öffentlichen Verweis gewählt zu haben: „Hunderttausende sterben in Bangladesh, Kurdistan und Afrika. Das Letzte, das wir jetzt gebrauchen können, ist eine Kommission, die Politik spielt und Menschen anschwärzt, die damit beschäftigt sind, Leben zu retten.“ Die Kommission entgegnete in einem Brief an Oxfam, daß die Treuhänder der Organisation offenbar „nicht darin unterscheiden, eine Lösung eines Problems auf vernünftige Art vorzuschlagen, und eine Kampagne zu führen, diesen Vorschlag auch anzunehmen“. Allerdings erklärte sich die Kommission bereit, die Richtlinien für Wohlfahrtsverbände zu überprüfen.

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