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Tod in Athen

■ Herbert Ganslmayr, Ex-Direktor des Überseemuseums, ist gestorben — Bremen hat kaum Notiz genommen / Ein paar Nachgedanken

hierhin bitte das

Foto von dem älteren

Herrn mit Brille

Herbert GanslmayrFoto: privat

In einer Ecke des Athener Ausländerfriedhofs haben zwei Deutsche und vier Griechen Herbert Ganslmayr begraben. Kein Trauerredner aus Bremen, auch kein Kranz. Eine Pflichtanzeige im Bremer Sterbeblatt. Das war's. Das offizielle Bremen möchte den ehemaligen Direktor des Bremer Übersee-Museums schnell vergessen.

Dabei hat Ganslmayr mit seinem Konzept eines „offenen und lebendigen Museums“ ein Modell geschaffen, das international große Anerkennung fand. Bis zu seinem Tod — während einer UNESCO-Konferenz in Athen — war er Vizepräsident des Internationalen Museumsrates (ICOM). Doch für die Bremer Kulturbürokraten war der polterige Franke ein unbequemer Angestellter, der sich den (vielleicht am Ende tödlichen) Luxus leitete, seine Kreativität nicht in Finanzplänen zu ersticken. Bei einem Etat von 7.000 Mark für Sonderausstellungen bleibe ihm gar nichts anderes übrig, als auch mit Tricks zu arbeiten, hatte Ganslmayr vor Jahren in einem Interview bekannt, als ihm noch niemand Mißwirtschaft vorwarf.

Doch ein derartiges Organisationstalent paßte nicht zur senatorischen Kulturpolitk. Hanseatische Kultur ist korrekt: Die vom Senat verantwortete Austellung „Gold des Kremls“ im Übersee-Museum erwirtschaftete ein Defizit von rund 1,3 Millionen Mark — aber eben sauber verbucht. Das ist der Unterschied.

Herbert Ganslmayr war streitsüchtig und oft autoritär. Das haben ihm — auch nach seinem Tod — viele seiner Untergebenen und erst recht seine Oberen nicht verziehen. Ganslmayr hat für Ausstellungen und Ideen, die er im Museum verwirklichen wollte, verbissen gekämpft. Er hatte ein Gespür für brisante Themen, lange bevor deren Relevanz auch von einer größeren Öffentlichkeit entdeckt wurde. 1983, als die Schrecken des Golfkrieges noch nicht zu ahnen waren, hat er eine Sonderausstellung durchgesetzt: „Ökologische Folgen eines Krieges — am Beispiel Vietnam“. 1988 wagte das überseemuseum die weltweit erste große Kurden- Ausstellung und zeigte „Alltagskultur“ eines geschundenen Volkes. Dafür hat sich Ganslmayr immer wieder mit politischen Würdenträgern angelegt.

Von 1976 bis 1990 hat Herbert Ganslmayr das Übersee-Museum geleitet. In dieser zweit hatte er entscheidenden Anteild daran, daß aus dem alten Sammelsurium, in dem fremde Völker als Exoten zur Schau gestellt wurden, ein modernes Museum entstand, das von seinen Besuchern Respekt vor anderen Wdrtvorstellungen und eine kritische Auseinadersetzung mit der eigenen Kultur verlangte. Das verstaubt Museale hat Ganslmayr durch eine lebendige Praxis ersetzt: Im Übersee-Museum fanden auch entwicklungspolitische Initiativen einen Raum: Das Bremer Afrika-Archiv, das Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung und die Bremen Overseas Research and Development Association.

Ganslmayr hatte den Mut, seine politischen Anschauungen zu Ende zu denken: Er war einer der wenigen Museums-Direktoren, die eine Rückgabe gestohlener Kulturgüter an die Völker der „Dritten Welt“ forderten. Gemeinsam mit Gert von Paczensky schrieb er das einzige deutschsprachige Buch zu diesem Thema: „Nofretete will nach Hause“.

Am 27. April 1991 ist Herbert Ganslmayr 53jährig gestorben. Solche einfallsreichen, phantasievollen und manchmal schwierigen Persönlichkeiten haben im Bremer Kulturbetrieb wohl keine Zukunft. Christoph Sodemann

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