: Genscher will die Rolle der UN stärken
■ Unter-Generalsekretär soll weltweit Soforthilfe bei Katastrophen koordinieren/ UNO-Gerichtshof zur Ahndung von „Verbrechen gegen die Menschheit“/ Genscher fordert Bestrafung Saddam Husseins
Washington (afp/ap) —Bundesaußenminister Genscher (FDP) hat am Wochenende während seiner Reise durch die USA vorgeschlagen, bei den Vereinten Nationen einen Koordinator für Katastrophenhilfe einzusetzen. Dieser solle durch schnelle Reaktion und straffe Koordinierung helfen, forderte Genscher nach einem Gespräch mit UN-Generalsekretär Javier Perez de Cuellar. Der UN-Koordinator, der den Rang eines Unter-Generalsekretärs erhalten solle, müsse sich einen Überblick über die Hilfsmöglichkeiten für verschiedenste Arten von Katastrophenfällen verschaffen, für Ölbrände, Hungerkatastrophen, Überschwemmungen, Massenfluchtbewegungen und Seuchen. Hier weise das bisherige System gerade in der besonders schwierigen Anlaufphase Schwächen auf. Alle Länder der UNO sollten ihre Hilfsmöglichkeiten melden, so daß bei einer Katastrophe sofort die erforderlichen Kapazitäten eingesetzt werden könnten.
Die Einrichtung eines Koordinators werde auch kein zusätzliches Geld kosten, meinte Genscher, da es bereits genug hohe UN-Beamte im Rang eines Unter-Generalsekretärs gebe.
Perez de Cuellar nahm nach Angaben des Auswärtigen Amtes in Bonn eine Einladung nach Deutschland an. Er wird Anfang Juli auch Berlin und die neuen Bundesländer besuchen.
Genscher setzte sich außerdem für die Einrichtung eines Gerichtshofs bei den Vereinten Nationen ein, „vor dem Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Völkermord angeklagt werden können“. Genscher bekräftigte seine Forderung nach einem internationalen Verfahren gegen den irakischen Präsidenten Saddam Hussein. „Wer das Völkerrecht bricht, wer wie Saddam Hussein Völkermord an den Kurden versucht, darf nicht ungestraft bleiben“, sagte er. Die Schaffung einer neuen Weltordnung verlange auch die Durchsetzung des Völkerrechts und des Menschenrechtspaktes der UNO. Die Vereinten Nationen hätten nach Ende des Ost-West-Konflikts die einmalige Chance, die ihr zugedachte Rolle als Friedensinstanz wahrzunehmen. Zur künftigen Rolle Deutschlands in den internationalen Beziehungen erklärte der Außenminister, die nach der Einheit größere deutsche Verantwortung sei nicht auf Europa beschränkt. „In den Vereinten Nationen werden wir die gleiche Verantwortung übernehmen, wie alle anderen Mitgliedsstaaten. Wir werden dafür die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen schaffen.“
Gegenüber seinem US-Kollegen Baker hatte Genscher sich für eine Stärkung des europäischen Pfeilers in der Nato ausgesprochen. Das Atlantische Bündnis solle dadurch, daß die Europäer mehr Verantwortung übernehmen, aufgewertet werden.
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