: Magere Erhöhung der Sozialhilfe
■ 24 Mark mehr ab Juli? / Kritik an Sozialsenatorin Uhl
„In jedem Fall zuwenig“, so bewertet der „Arbeitskreis Sozialhilfe“ im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband (DPWV) die von Sozialsenatorin Sabine Uhl geplante Erhöhung des Regelsatzes der Sozialhilfe zum 1. Juli dieses Jahres. Während die Sozialbehörde den Sozibetrag für Haushaltsvorstände um 24 bzw. 25 Mark auf 475 bzw. 476 Mark pro Monat erhöhen will, forderten die im Arbeitskreis zusammengeschlossenen Vereine gestern vor der Presse eine Aufstockung um 73 Mark.
Die Sozialbehörde knappse an jeder Ecke. Deswegen sei noch nicht klar, ob der Regelsatz um 24 oder 25 Mark erhöht werde, so Rainer Sobota von der „Aktionsgemeinschaft arbeitsloser Bürger“, die Mitglied im Arbeitskreis Sozialhilfe ist. Sobota: „Der Unterschied von einer Mark bedeutet immerhin eine Mehrausgabe von etwa 700.000 Mark pro Monat.“
Die Vereine kritisieren vor allem, daß die mit der Einführung eines neuen Berechnungsmodells für die Sozialhilfe im Jahr 1990 eingetretenen Verschlechterungen nicht ausgebessert werden sollen.
Rainer Sobata: „Die Drittelung muß aufgegeben werden.“ Unter Drittelung ist zu verstehen, daß die SozialminsterInnen der Länder 1989 beschlossen hatten, den SozialhilfeempfängerInnen eine Aufstockung ihrer Bezüge um 27 Mark monatlich vorerst nur teilweise auszuzahlen. 1990 gabs ein Drittel, 1991 soll ein weiteres Drittel folgen, aber nur, so legten es die MinisterInnen fest, wenn sich die benötigten Mittel an anderer Stelle in den Sozialetats einsparen lassen.
Die Vereine des Arbeitskreises Sozialhilfe fordern nun, daß die beiden fehlenden Drittel ab Juli dieses Jahres an die SozialhilfeempfängerInnen ausgezahlt werden.
Im übrigen seien die Sozialbehörden immer bestrebt, die Steigerung der Lebenshaltungskosten zu niedrig anzusetzen, so Rainer Sobota. Nach der Berechnung der Sozialvereine müßte die Unterstützung um 73 Mark von heute 451 auf 524 Mark angehoben werden. Jens Schröter vom Verband alleinerziehender Mütter und Väter schätzt die notwendigen Mittel grob auf 38 Millionen Mark. Die soll die Sozialsenatorin aber nicht an anderer Stelle im Sozialetat einsparen, sondern zusätzlich ausgeben.
Zur Zeit ist die angekündigte Erhöhung um 24 Mark nicht mehr als eine Absichtserklärung. Noch steht das Thema nicht auf der Tagesordnung der Sozialdeputation der Bürgerschaft. Der Grund ist, so befürchten die Vereine, daß Sozialsenatorin Sabine Uhl eine Tagung der SozialministerInnen der Bundesländer abwarten will, um möglicherweise auch die Auszahlung des zweiten Drittels der lange geplanten Erhöhung zu kippen.
och
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