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Schwergesäßiges

■ „Ins Blaue“, ZDF, Montag, 19.30 Uhr

Das Buch übers Buch von einem frivol phantasierten Seitensprung wird ein pikantes Drehbuch zum Buch für einen erotisch-komödiantischen Fernsehfilm — man blickt ja vor lauter Anzüglichkeiten und doppelten Böden nicht mehr durch. Und doch ist es denkbar einfach: Klaus Modik hat ein Buch geschrieben, in dem ein arbeitsloser Soziologe die Eifersucht auf den Lehrer-Kollegen von Freundin Trudi, als Urlaubs- Seitensprunggeschichte sublimierend, in die Maschine hackt. Da wollte das Fernsehen nicht beiseite stehen, griff mutig zu und beauftragte nicht einen, nein: zwei Drehbuchschreiber (Radu Gabrea und Bernard Queysanne), um aus dem Buch ein deutsch-französisch lotterhaftes Liebesspiel zu machen, in dem sechs junge bis mittelalte Menschen sich überkreuz und nackt und ständig kichernd zwischen die Beine fallen. Nur in der Phantasie, versteht sich, doch vor der Fernsehkamera muß ja die Phantasie aus dem Kopf heraus, muß Abbild werden, sonst glaubt man der Phantasie die Triebkraft nicht — und also müssen wir Zeugen werden, wie Kurt, der Soziologe mit Arbeitslosenunterstützung, in seiner Phantasie zum realen Objekt der Begierde einer jungen Französin wird, damit er mit dem realen Seitensprung der Freundin „umgehen lernt“, wie man das in diesen Kreisen nennt.

Christoph Wackernagel und Barbara Rudnik — die Gudrun Landgrebe für WGler — stehen diesen realen Urlaubsphantasien voll schwergesäßiger Leichtigkeit als Hauptdarsteller vor, und während Christoph Wackernagel den ganzen Ehrgeiz darein setzt, mit mimischer Exaltiertheit die Videotext-Untertitel auf Tafel 150 überflüssig zu machen, beschränkt sich Barbara Rudnik — als Lehrerin mit Brille, so witzig kann Fernsehen sein — auf zwei bis drei Gesichtsausdrücke, weil das erotisch ist. Hinzu kommen vier französische Halbnackedeis, wie Gott in Frankreich töpfernd und Bienen züchtend, die das „verklemmte“ deutsche Paar im „Mauseln“ unterweisen — so, wie sich ein arbeitsloser Soziologe das eben denkt. Und darum muß vor dem vorhersehbaren Ende — dem Sieg der Liebe zwischen langweiligem Soziologen und mopslangweiliger Lehrerin — in Frankreich gequiekt, gebadet, geduscht, zu sechst geschlafen, aber getrennt „gemauselt“ werden — unter der Schirmherrschaft von Dialogen wie „take it easy, baby“, „ich hab dich ziemlich gern“ oder „sag nischt: isch liebe disch. Nischt reden.“

Ja: Nischt so viel reden — das hätte erholsam fürs Ohr sein können. Aber dann wäre ja immer noch die Lindenstraßen-Ästhetik fürs Auge geblieben, dies Fade, Vordergründige, dieses geheimnislose Licht, die Mietshaus-Sexualität, bei der die ganze Familie zuschauen kann — und wegsehen möchte, weil es so trostlos unerotisch ist. Doch in der Lindenstraße gehen wenigstens Ehen auseinander — im erotischen Fernsehspiel des ZDF hingegen muß sich am Ende ein Pärchen wiederfinden, das muffig aneinanderklebt. Sybille Simon-Zülch

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