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Alles noch viel schlimmer

■ Zum Artikel Knast Carabanjal, taz vom 26.4.91/ Botschaftsbesuche nur gegen Kohle

Ich selbst bin 18 Monate in mehreren Gefängnissen in Spanien eingesessen. Im Prinzip stimmen die geschilderten Zustände, doch vermisse ich einiges über die medizinische „Versorgung“.

Nach meiner Inhaftierung in Marbella bin ich ins Gefängnis nach Malaga gekommen. Hier — und das betone ich mit allem Nachdruck — sind die Zustände weitaus schlechter als in Madrid. Mord und Totschlag waren an der Tagesordnung, Transvestiten verdienten öffentlich (jeder konnte zuschauen) ihr tägliches Drogengeld mit Sex. Es war abscheulich.

Die warme Dusche kostete 500 Pesetas, die kalte 250 Pesetas. Alles mußte bezahlt werden. Wer kein Geld hatte, hat sich mit kriminellen Handlungen einiges verdient. Dieses wurde von der Direktion geduldet. Der „Supermarkt“ der Drogen funktionierte reibungslos mit Zustimmung der Aufseher. Prostituierte konnten zum Preis von 5.000 Pesetas durch die Beamten täglich besorgt werden.

Die medizinische Versorgung war gleich Null. Ich habe dem deutschen Konsulat in Malaga (Herrn Hoffmann, Herrn Bieler) über diese Zustände berichtet, die Reaktion: Ich sei an allem selbst schuldig, dabei war ich in Auslieferungshaft. Medizin wurde mir von draußen für teures Geld beschafft, hätte ich diese nicht bekommen, so wäre ich verstorben.

Nach meiner Verlegung nach Madrid — Caranbanjal — habe ich umgehend die Deutsche Botschaft von meiner Krankheit in Madrid informiert. Ein Bediensteter (Herr Cordes) hat mich auf mehrere Anfragen besucht gegen Entgeld (2.000 Pesetas) pro Besuch. (In Malaga mußte ich ebenfalls die Besuche des Konsulates bezahlen.) Ich habe mir Geld aus Deutschland (20.000 Pesetas an die Botschaft Madrid schicken lassen für meine lebensnotwendige Medizin. Trotz Vorlage der Überweisung sei das Geld nicht angekommen. Nach einer Dienstaufsichtsbeschwerde beim Auswärtigen Amt in Bonn wurde das Verfahren eingestellt.

In Ihrer Veröffentlichung schreiben Sie, man könne sich an die Spanische Botschaft in Bonn oder direkt an die Spanische Justiz in Madrid wenden mit Protesten. Wie oft habe ich das getan, ebenso an amnesty international, an die Konvention für Menschenrechte etc. Nichts ist geschehen! Es wird auch nichts geschehen, denn Kriminelle sind Menschen zweiter Klasse, oder sogar dritter. H.J.Lamann, JVA Bochum

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