: Conti will zunächst keine Fusion mit Pirelli
■ Neuer Vorstandssprecher Winterstein möchte nur über Kooperation reden/ Überschuß um 59 Prozent gesunken
Hannover (ap/taz) — Der Reifenkonzern Continental will mit seinem italienischen Konkurrenten Pirelli zunächst nicht über eine Fusion, sondern nur über eine Zusammenarbeit verhandeln. Der neue Conti-Vorstandssprecher Wilhelm Winterstein erklärte am Dienstag vor Journalisten in Hannover, er sehe gegenwärtig keine Basis für eine Fusion mit Pirelli. Das erste Fusionsangebot von Pirelli vom September letzten Jahres sei vom Tisch. Er werde sich in den nächsten Tagen gemeinsam mit seinem Vorstandskollegen Günter Sieber ohne Vorbedingungen mit Pirelli zusammensetzen. Winterstein schloß jedoch eine Fusion in den nächsten Jahren ausdrücklich nicht aus.
Winterstein ist als Vorstandssprecher Nachfolger des bisherigen Vorstandsvorsitzenden Horst Urban, der wegen seiner starren Haltung gegenüber Pirelli in der letzten Woche abgelöst wurde. Urban hatte stets betont, daß sich bei einer Fusion zwischen Continental als viertgrößtem und Pirelli als fünftgrößtem Reifenhersteller der Welt die Marktanteile der beiden Unternehmen nicht einfach addieren würden.
Nachdem Urban in der vergangenen Woche für einen harten Kurs gegen Pirelli überraschend keine Mehrheit im Aufsichtsrat hatte bekommen können, wurde jetzt allgemein mit der Ankündigung von Fusionsverhandlungen gerechnet. Pirelli hat bis dato zwar circa 35 Prozent der Continental-Aktien in seinen Besitz gebracht, war aber wegen Stimmrechtsbeschränkungen im Aufsichtsrat nicht vertreten.
In Presseberichten war Anfang der Woche von einem Machtkampf zwischen dem Aufsichtsratsvorsitzenden Ulrich Weiss und dem Ex- Conti-Chef Urban die Rede gewesen. Weiss habe immer mehr der Fusion mit Pirelli zugeneigt als Urban. Nachdem Weiss dem Vorstandsvorsitzenden Urban die ausdrückliche Weisung erteilt hatte, mit Pirelli zu verhandeln, und dieser sich immer noch bocksbeinig gestellt hatte, zog Urban am Freitag der vergangenen Woche endgültig den kürzeren und mußte gehen. Da half auch die briefliche Unterstützung seiner Vorstandskollegen nicht mehr.
Der neue Vorstandschef Winterstein mußte nun der Öffentlichkeit die schlechte Botschaft überbringen. Er nannte in seiner Stellungnahme zu den Bilanzzahlen des Konzerns den harten Wettbewerb auf dem Reifenmarkt und vor allem die Einbrüche in der amerikanischen Automobilkonjunktur als Gründe für den deutlichen Rückgang des Jahresüberschusses 1990 um 59 Prozent auf 93,4 Millionen Mark. Trotzdem habe Conti von den sechs größten Reifenherstellern der Welt noch das beste Ergebnis erzielt. Der Konzernumsatz sei im vergangenen Jahr um zwei Prozent auf 8,55 Milliarden Mark gestiegen. Er erwarte für 1991 einen weiteren deutlichen Ertragsrückgang, aber ein noch positives Konzernergebnis. Vor allem bei General Tire in den USA sind nach den Worten Wintersteins noch deutlich höhere Verluste als in den Jahren zuvor zu erwarten.
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