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Tour d‘Europe

■ Angriff auf das spanische Alphabet

Eine kleine Wellenlinie über dem Buchstaben n zeigt wieder mal, wie groß die Differenzen in der EG immer noch sind. Das „Enje“ — so wird ñ korrekt ausgesprochen — existiert nur in einer europäischen Sprache, dem Spanischen. Da ist es aber immerhin so wichtig, daß nicht einmal der Landesname ohne es geschrieben wird: España. Um die Wellenlinie zu schützen, verlangen gleich drei Madrider Dekrete, daß jede nach Spanien gelieferte Schreibmaschinen- und Computertastatur auch das „Enje“ enthält. Die Gleichmacher in Brüssel hingegen haben für derlei Spitzfindigkeiten keine Antenne. Die EG wittert vielmehr ein Hindernis für den freien Warenverkehr in Europa und eine protektionistische Maßnahme der Madrider Regierung gegen nichtspanische Computerhersteller, die extra für den spanischen Bedarf geänderte Tastaturen bauen müßten. Der Ausgang des Disputs ist noch offen, aber Journalisten, Schriftsteller und natürlich die „Königliche Akademie der Sprache“ haben bereits ihren Widerstand gegen den Angriff auf das spanische Alphabet angekündigt.

Anschluß an die sozialdemokratische Gewerkschaftsbewegung sucht die stärkste französische Gewerkschaft, die CGT. In einem Schreiben an DGB-Chef Heinz-Werner Meyer rief der CGT-Vorsitzende Heri Krasucki zu einer europäischen Aktionseinheit auf und dazu, die CGT in den Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB) aufzunehmen. Der EGB hatte dieses Ansinnen 1980 bereits einmal wegen der Zugehörigkeit der CGT zum kommunistischen Weltgewerkschaftsbund abgelehnt.

Keine Zeit, um auf den Erfolg europäischer Gesundheitspolitik zu warten, haben Menschen mit HIV und Aids. Ab sofort wollen Aids—Aktionsgruppen „Act Up“ deswegen europaweit kooperieren. Als erstes planen sie ihre Teilnahme an einem Internationalen Aids-Kongreß im Juni in Florenz. Sie wollen vor allem den Informationsaustausch über neue Medikamente beschleunigen und sich für schnellere und europaeinheitliche Zulassungsverfahren für neue Medikamente einsetzen.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat an die EG- Kommission appelliert, die deutschen Pläne zum beschleunigten Ausbau des Straßennetzes in den neuen Bundesländern zu stoppen. Die von der Bundesregierung behauptete Dringlichkeit für den Straßenbau sei nicht gegeben, so Greenpeace. Sollte die Brüsseler Verwaltung die deutschen Beschleunigungsgesetze nicht stoppen, wäre das gleichbedeutend mit der grundsätzlichen Infragestellung und der schleichenden Erosion des EG-Umweltrechtes. Andere Länder und Regionen würden sich dann auch nicht länger an Auflagen wie die Umweltverträglichkeitsprüfung gebunden fühlen.

Eine Gruppe australischer Aboriginals will in diesem Frühling nach Europa — speziell Großbritannien — reisen, um die sterblichen Reste ihrer Vorfahren einzufordern. Die Knochen waren von den ehemaligen Kolonialherren nach Europa verschleppt worden, wo sie meist in Labors landeten, wo Darwin-Schüler sie zu Untersuchungen über den Ursprung der Menschheit benutzten. Ein Sprecher der australischen Organisation für Rückführung begründet die Aktion damit, daß die Geister der Verstorbenen erst in Australien wieder eins mit dem Land werden können. dora

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