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Susanne Albrechts mangelnde Kaltblütigkeit

RAF-Aussteigerin Silke Maier-Witt schildert Susanne Albrecht als Gruppen-Außenseiterin  ■ Aus Stammheim Erwin Single

Sie zählte nie zum harten Kern, galt als unzuverlässig, und man wollte sie loswerden — daß Susanne Becker, geb. Albrecht, in der Rote Armee Fraktion, wie sie selbst sagt, immer eine Außenseiterin blieb, bestätigen auch ihre früheren Kampfgenossen. Im Stammheimer Prozeßbunker, wo das Strafverfahren gegen die 40jährige RAF-Abtrünnige in die vierte Woche geht, wurde die Angeklagte gestern von Mitaussteigerin Silke Maier-Witt entlastet. So sei Susanne Albrecht nur wegen der „Aktion Ponto“ in die RAF aufgenommen worden; nach dem Mord an dem Bankier habe man sich gefragt, ob es richtig gewesen sei, sie überhaupt in die Gruppe zu nehmen. Adelheid Schulz, Christan Klar und vor allem Willi Peter Stoll hätten versucht, sie anschließend wieder rauszudrücken. Erst im südjeminitischen Ausbildungscamp 1978 sei es zu einer „Teilintegration“ Albrechts gekommen, die sich auch darin niederschlug, daß sie an der Vorbereitung bei dem 1979 nur knapp gescheiterten Sprengstoffattentat auf den damaligen Nato-Oberkommandierenden Alexander Haigbeteiligt werden sollte. Nach Angaben Silke Maier- Witts soll Susanne Albrecht auch gemeinsam mit einem männlichen Begleiter den Sprengstoff von Italien nach Frankreich geschafft haben. Susanne Albrecht hatte den Transport zwar eingestanden, konnte sich aber an einen Zusammenhang mit dem Anschlag auf General Haig, dessen Fahrtstrecke sie mehrfach ausgespäht hatte, nicht erinnern. Für eine konkrete Beteiligung Susanne Albrechts an dem versuchten Raketenwerfer-Anschlag auf die Karlsruher Bundesanwaltschaft konnte Silke Maier-Witt keine Hinweise geben. Es sei im wesentlichen die Sache Boocks gewesen; beim Aufbau der Anlage in der Wohnung des Ehepaars Sand habe entweder Brigitte Mohnhaupt oder Sieglinde Hofmann als Begleiterin fungiert.

Bereits vorige Woche hatte der im Januar in München zu 12 Jahren Haft verurteilte RAF-Mitaussteiger Werner Lotze Susanne Albrecht als Randperson bezeichnet: „Sie war zu keinem Zeitpunkt ein Vollmitglied der RAF.“ Lotze schilderte seine ehemalige Kampfgefährtin als Sicherheitsrisiko, der es an „Kaltblütigkeit“ gefehlt habe und die nicht immer voll hinter den Zielen der RAF gestanden habe. „Ich hatte nicht genügend Vertrauen in sie, den anderen ging es genauso.“ Wegen ihrer zögerlichen Haltung sei es zu extremen Spannungen zwischen ihr und der Gruppe, mitunter sogar zu Handgreiflichkeiten gekommen. Bei dem Haig-Anschlag habe die Gruppe eine aktive Mitwirkung von ihr strikt ausgeschlossen, so Lotze vor dem Gericht. Allerdings räumte er ein, Susanne Albrecht habe sich rege an der Formulierung des Bekennerschreibens beteiligt.

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