S P O R T K O L U M N E VON KLAUS NÜSSER: Wer nicht aneckt, der hat auch im Billard kein Glück
■ Markus Schönhoff — hoffnungsvolles Nachwuchstalent im Sport mit den gewünschten Karambolagen
Chemnitz. Wenn man über Veränderungen im Sport der neuen Bundesländer schreibt, muß man oft über Negatives berichten. Angenehm, mal eine Verbesserung melden zu können: Der Zufall spielt eine große Rolle, aber auch das Können der Mitglieder des 1. Chemnitzer Billardklubs 1952. Hervorgegangen aus aus der Sektion Billard von Motor Eska Karl-Marx-Stadt ist er mit elf DDR-Meisterschaftstiteln und dem Spitzenspieler Frank Omland, der 27facher Titelträger war, einer der erfolgreichsten Gemeinschaften in diesem Sport. Den neuesten Lorbeer heftete aber ein jüngerer Spieler in die Erfolgsbilanz — Markus Schönhoff. Bei den ersten internatioanlen Meisterschaften, die im Osten Deutschlands stattfanden, belegten er den 8. Platz bei den Europameisterschaften in der „Freien Partie“.
Schon sein Vordringen in die Endrunde der besten 16 war ein Erfolg und der Sieg über den Titelverteidiger Fonsy Grethen aus Luxemburg eine dicke Überraschung. Der 23jährige ist kein heuriger Hase im Metier. 1979 machte er die ersten Billardstöße. Zuvor war er Ringer gewesen. Bis 1982 war er auf der Matte und am grünen Tisch gleichermaßen anzutreffen. „Da ich aber bei Ringen meist verlor, blieb ich von da ab beim Billard.“ Markus Schönhoff brachte es zu fünf Meisterschaften im Nachwuchsbereich. Wie er international einzuschätzen war, konnte er nicht ermitteln. Billardspieler durften nicht aufs internationale Parkett, Leistungsvergleiche mit Zentren im Westen waren out.
Wenigstens etwas Positives gab es zu DDR- Zeiten: Markus machte sein Hobby zum Beruf und studierte 2,5 Jahre an der DHfK Leipzig Sport mit dem Spezialfach Billard, d.h. er sollte einmal als Trainer arbeiten. Das ging dann auch schneller als gedacht, seit diesem Jahr hat ihn der Deutsche Billardbund für die FNL als Trainer engagiert.
Der 23jährige aus Glauchau trainiert drei- bis viermal in der Woche, um in Form zu bleiben. Was seinen Sport betrifft, gibt er Auskunft: „Die Mitgliedsbeiträge sind bei uns von 1,30 auf 10 Mark im Monat gestiegen. Geldgeber bleiben auch aus, dafür sind die Materialprobleme jetzt wesentlich geringer.“
Mehr denn je kommt es auf den eigenen Geldbeutel und die Initiativen einzelner an. Markus Schönhoff ist der einzige hauptamtliche Trainer, in den neuen Ländern wird keiner vom Bund bezahlt.
Was Unterstützung betrifft, bekommt die der 1. Chemnitzer Billardbund 1953 in Person des DBB- Vizepräsidenten Helmut Kaspers. Dieser hat sich in Chemnitz niedergelassen und wurde auch gleich Klubpräsident. Einen Sponsoren besorgte er auch. In Chemnitz liefen so auch die Mitglieder nicht davon, die Renovierung der Billardhalle steht an.
Zukunftsmusik ist noch die Einstellung von Personal, so daß die Billards ganztägig bespielt werden können. Markus Schönhoff sieht für den Billard im Osten eine gute Perspektive. „Wir haben als Sportler eine neue Stellung. Außerdem entstehen immer mehr Gaststätten, in denen Billard gespielt wird. Die wenigen Vereine in den FNL bemühen sich um neue Mitglieder, weil zwangsläufig erst einmal nur mit deren Beiträgen ein Überleben möglich wird.“ Die Chemnitzer wollen ihren Verein inklusive Geselligkeit. Die Hilfe des „Wessis“ Kaspers ist da mehr ein Glücksfall. So etwas wie „uneigennützige Zusammenarbeit“ im Sport ist selten.
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