: Messen am deutschen Niveau
■ Die Bundesbank verfolgt seit den 70er Jahren eine Politik des teuren und knappen Geldes, auch wenn den anderen EG-Ländern dadurch enorme Probleme entstehen
Die Bundesbank hat die Aufgabe, den D-Mark-Kurs im Verhältnis zu den anderen Währungen stabil zu halten und im Inland die Inflation zu bekämpfen. Anders als in den meisten europäischen Staaten untersteht die deutsche Zentralbank nicht den Weisungen der Regierung. Sie ist lediglich verpflichtet, die Wirtschaftspolitik zu unterstützen. Entscheidungen über die Währungs- und Kreditpolitik trifft als ihr oberstes Organ der Zentralbankrat. In ihm sitzen der Bundesbankpräsident, sein Vize, die vier weiteren Direktoren und die (noch) elf ChefInnen der Landeszentralbanken. Ein Streitpunkt zwischen Pöhl und den Bundesländern ist die Frage, ob die neuen Länder jeweils eine eigene Landeszentralbank bekommen oder — wie Pöhl es wünscht — für das gesamte neue Bundesgebiet insgesamt acht Landeszentralbanken geschaffen werden.
Die Bundesbank hat das alleinige Recht, Geldscheine in Umlauf zu bringen. Die Geldmenge, deren Größe die Inflationsrate mitbestimmt, wird von der Zentralbank über die Leitzinssätze bestimmt, zu denen die Geschäftsbanken sich Geld bei der Bundesbank beschaffen. In der Regel geben die Banken diese Geldbeschaffungskosten an ihre KundInnen weiter. Seit den 70er Jahren verfolgt die Bundesbank eine Politik des knappen und teuren Geldes — egal wie hoch die Arbeitslosigkeit war und welche Probleme die EG-Länder mit den harten Vorgaben der Deutschen hatten. Den ersten Konflikt mit der Politik hatte Pöhl ein Jahr nach Amtsantritt, im März 1981. Der damalige SPD-Kanzler Schmidt warf seinem Parteikollegen vor, sich an „imaginären Geldmengenzielen“ zu orientieren. Er plante, als seine Koalition kriselte, ein Beschäftigungsprogramm zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und forderte niedrige Zinsen zur Ankurbelung der Wirtschaft, die sich ausgesprochen investitionsmüde zeigte. Damals setzte sich Pöhl durch.
In die Ära Pöhl fällt auch die Konstruktion des Europäischen Währungssystems (EWS). Bereits als Staatssekretär im Bundesfinanzministerium war er an der Entscheidung zur Freigabe der Wechselkurse (1973) und zur Gründung des Europäischen Währungsverbundes 1979 beteiligt. Ziel der Bundesbank war, autonom auch gegenüber der EG-Politik zu bleiben — besonders gegenüber Frankreich, das beständig auf eine schnelle europäische Wirtschafts- und Währungsunion mit einer Europäischen Zentralbank drängte. Hier trat Pöhl als Bremser auf. So beurteilte er auch den Delors-Plan (1989), der die WWU in drei Stufen vorsieht, als zu euphorisch: Zunächst, so Pöhl, müßten die EG-Länder ihre Inflationsraten auf deutsches Niveau herunterschrauben — für die ärmeren EG-Staaten mit hoher Arbeitslosigkeit eine glatte Überforderung. Dri
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