Wohnungsnot in Erfurt: Mieten müssen bezahlbar bleiben

Erfurt (adn) — In Erfurt gibt es derzeit mehr als 9.800 Wohnungsuchende, monatlich kommen 450 bis 600 hinzu. Dagegen werden dem Wohnungsamt lediglich rund 100 pro Monat freigemeldet. Nach Schätzungen jedoch stehen etwa 4.000 Wohnungen leer, teils in erbärmlichem baulichen Zustand, teils, weil die Kommunale Wohnungsbaugesellschaft (KoWo) keinen völligen Überblick hat, teils auch, weil sich für private Vermieter bei der derzeit noch geringen Miete das Geschäft nicht lohnt. Dies wurde am Mittwoch auf einer abendlichen Diskussion deutlich, zu der die Landtagsfraktion Neues Forum/Grüne/Demokratie Jetzt in Erfurt Vertreter von Wohnungsamt, KoWo, Vermieterbund, Thüringer Wohnungswirtschaftsverband und Mieterverein als kompetente Gesprächspartner eingeladen hatte.

Einig waren sich alle Fachleute trotz ansonsten verschiedener Positionen, daß die Wohnung ein soziales Gut ist und bezahlbar bleiben, die Miete aber zur besseren Kostendeckung steigen müsse. Obwohl die ab 1.Oktober geltenden höheren Mietpreise noch vom Gesetzgeber zu beschließen sind, geht der Thüringer Wohnungswirtschaftsverband von einer Anhebung der Kaltmiete um eine Mark pro Quadratmeter Wohnfläche aus. Hinzu kommen sollen Zuschläge für Bad, Heizung sowie für Wohnungen in Städten über 100.000 Einwohner. Für die Durchschnittswohnung von 60 Quadratmeter Größe sei mit einer Miete von etwa 360 Mark zu rechnen.

Klar wurde, daß dies nur der erste Schritt ist, denn auch mit dieser Mieterhöhung werden die Kosten nicht gedeckt. Dies aber wäre Voraussetzung für notwendigen Reparaturen, Sanierung und Modernisierung.

Ausgleichend werde Wohngeld vom Wohnungsamt gezahlt. Die KoWo, größte der 56 thüringischen Wohnungsbaugesellschaften mit rund 50.000 Wohnungen, geht davon aus, daß die Grundsubstanz der Neubauwohnungen — die Hälfte ihres Bestandes — nicht besser ist als bei 100jährigen Gebäuden.

Daher sollen alle nach 1945 gebauten Wohnungen in Erfurt Sozialwohnungen werden, denen auch in Zukunft eine Stützung gewiß ist.

Dies beklagten private Vermieter, da sie schon zu DDR-Zeiten nicht an Subventionen partizipierten und seit April noch höhere Wasser- und Energiekosten — durchschnittlich 200 Mark pro Mieter — aufgebürdet bekamen, was für sie bei den Niedrigmieten ein Draufzahlen bedeutet.

Gefordert wurde von der Landespolitik ein gesetzliches Einschreiten gegen Zweckentfremdung von Wohnungen als Geschäftsräume, was derzeit ausufere. Hier klafft eine Gesetzeslücke. So erhalten Privatvermieter Kredite nur, wenn sie genügend Mieteinnahmen vorzuweisen haben, was nur durch Vermietung von Geschäftsräumen zu erzielen ist.

Um das Wohnungsproblem zu entschärfen, wollen Wohnungsamt und KoWo gemeinsam den Tausch ankurbeln und versuchen, den „schwarzen Schafen“, in Altbundesländer Umgezogenen, die mit Nachvermietung üppige Geschäfte machen, auf den Pelz zu rücken.