Bahnpreise: Teuer und kompliziert

■ Neues Tarifsystem kapiert nur noch der Computer / große Preisspanne

Wer heutzutage mit dem Zug verreisen will, muß am Fahrkartenschalter erstmal ein paar Fragen beantworten: „Fahren Sie alleine oder in Begleitung? An welchem Tag fahren Sie hin und an welchem Tag wieder zurück? Wollen Sie Ihre Reise unterbrechen?“ Die Fragerei der Schalterbeamten dient allerdings nicht zur Befriedigung ihrer Neugier, sondern zur Ermittlung des Fahrpreises. Der Bahntarif ist inzwischen so kompliziert, daß meistens weder Kunde noch Beamte den günstigsten Fahrpreis selbst ausrechnen könnten. Die Arbeit übernimmt der Fahrkartencomputer, wenn ihm die abgefragten Auskünfte eingespeichert werden.

Mit dem Fahrplanwechsel am 2. Juni wird nicht nur das Bahnfahren wieder etwas teurer, sondern auch der Tarif noch etwas komplizierter. So fallen bei Benutzung der neuen, besonders schnellen ICE-Züge je nach Fahrstrecke gestaffelte „Relationspreise“ an. Und wer zudem noch die innerdeutsche Grenze zwischen Bundes- und Reichsbahn überfährt, ist den Berechnungskünsten des Bahncomputer vollends ausgeliefert. Kostet der Bahnkilometer im Westen 22 Pfennig, so werden im Osten lediglich 12 Pfennig berechnet. Je nach Zugverbindung kann so der Preis für die Strecke von A nach B stark variieren.

Zwar gelten die Sparpreis- und Supersparpreisangebote mit einem entfernungsunabhängigen Einheitspreis für Hin- und Rückreise inzwischen gesamtdeutsch. Doch auch hier werden bei Benutzung des ICE 40 bzw. 30 Mark aufgeschlagen. Dafür entfällt dann der IC-Zuschlag. Am Freitag und Sonntag darf das billigste Bahnangebot, der Supersparpreis, künftig jedoch nicht mehr benutzt werden.

Wer die Entscheidung über seine Zugverbindung erst am Bahnsteig fällt, muß künftig neben den womöglich anfallenden Zuschlägen zur Fahrkarte auch noch mit einem „Nachlösezuschlag“ zwischen drei und 10 Mark rechnen. Dafür verspricht die Bahn die Erstattung des Mehrpreises für den ICE, wenn der schnelle Superzug einmal mit über 30 Minuten Verspätung ankommt. Verpaßt man jedoch selber wegen eines verspäteten Anschlusses den ICE, zahlt die Bahn nichts zurück.

Abgeschafft wird am 2. Juni sang- und klanglos die „rosarote Städteverbindung“. In bestimmten Zügen am frühen Morgen oder späten Abend ermöglichte sie bisher Ermäßigungen bis zu 60 Prozent auf den normalen Fahrpreis. Die Idee soll in einigen Jahren — allerdings in umgekehrter Richtung — wieder aufgenommen werden: Wer dann zu den besonders begehrten Zeiten (z.B. Freitag- und Sonntagnachmittag) Zug fährt, soll über den Tarifpreis hinaus weitere „Zeitzuschläge“ zahlen.

Von dem alten Tarif-Prinzip „Personen mal Kilometer“ wird langfristig überhaupt nichts mehr bleiben. Fahrkarten sollen dann wie im Nahverkehr nicht mehr für die Strecke zwischen zwei Bahnhöfen, sondern für den Weg zwischen „Tarifzonen“ gelöst werden. Billiger werden sie dadurch aber bestimmt nicht. Ase