MILLIONÄRE: Klub der reichen Sowjets
■ Junge Rubel-Millionäre schlossen sich zusammen
Sie sind jung, selbstbewußt und alles andere als öffentlichkeitsscheu, wenn auch ein wenig undurchsichtig: die Neureichen in der Sowjetunion. Im Yuppie-Outfit Marke UdSSR stellten drei von ihnen kürzlich im Moskauer Internationalen Handelscenter ihren Anfang des Monats gegründeten „Russischen Klub der jungen Millionäre“ vor. Ein Sprecher des Klubs, der 24jährige German Sterligow, beklagt sich bitter darüber, daß die Superverdiener „keinerlei Rechte“ hätten und ständigen Angriffen ausgesetzt seien. Wer im Busineß erfolgreich sei, müsse auch stolz darauf sein dürfen, so der vor etwa einem Jahr ins Börsengeschäft für Baumaterialien eingestiegene Jungmakler. Seine Tätigkeit war offenbar durchaus erfolgreich, hatte er doch nach eigenen Angaben schon nach vier Wochen die erste Million zusammen — Rubel zwar, aber immerhin.
Alle zwölf Gründungsmitglieder seien Rubelmillionäre, erzählt Sterligow der staunenden Journalistenschar. Der Besitz von harten Devisen sei ja verboten, und daran halte man sich, weil der Klub ganz legal arbeiten wolle, nämlich als eine Art Gewerkschaft für das Privateigentum und die Rechte des freien Unternehmertums, aber auch als Schutzverein gegen staatliche Pressionen. Es sei unglaublich, wie viele Hindernisse, auch gesetzliche, der Staat der freien Unternehmerinitiative in den Weg lege. Jüngstes Beispiel — von Sterligow besonders heftig kritisiert — sei das Dekret von Staatspräsident Michail Gorbatschow, wonach der KGB jederzeit die Buchführung der Unternehmen überprüfen dürfe.
Überhaupt seien die in der Sowjetunion herrschenden Vorurteile gegenüber Geld und Reichtum kaum nachzuvollziehen. Gemeinhin würden sie nach wie vor mit Spekulanten in Verbindung gebracht. Dies und der Mangel an unternehmerischer Initiative sei gewissermaßen der „Komplex des homo sovieticus“, obwohl der Übergang zur Marktwirtschaft doch mittlerweile von höchster Stelle beschlossen worden sei. Derzeit gebe es noch keinerlei Wettbewerb, aber in zehn Jahren könne das bereits ganz anders aussehen. Ziel des Klubs der Rubelmillionäre sei denn auch der Kampf gegen die antikapitalistischen Vorurteile der Ewiggestrigen.
Die Mitgliedschaft im Klub kann beantragen, wer Millionär, höchstens 35 Jahre alt und kein Mitglied der Kommunistischen Partei ist. Die Einschreibgebühr beträgt 500.000 Rubel. In Kürze soll ein eigenes Presseorgan erscheinen, das 'Elitezeitung‘ zu nennen man sich keineswegs scheue. Eher bedeckt halten sich die drei auf dem Podium, als sie nach ihren früheren und gegenwärtigen Aktivitäten befragt werden. Sterligow deutet vage an, er sei wegen „organisierten Verbrechens“ vor einem Jahr von der Universität relegiert worden. Mehr ist nicht zu erfahren. Millionäre in der Sowjetunion sind diskret. Pierre Glachant/afp
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