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Von „Persil“ und „Ata“ zu Henkels „Spee-Color“

■ 70 Jahre Waschpulvergeschichte/ Die zeitweise volkseigenen Persilwerke haben die Mutter wieder

Genthin (taz) — Die Geschichte des Genthiner Waschmittelwerks beginnt im Jahre 1921 mit der Grundsteinlegung durch Kommerzienrat Fritz Henkel. Zwei Jahre später laufen die Maschinen: 227 Tonnen Persil verlassen — hübsch und handlich verpackt — das Werk. Nur sieben Jahre später werden in Genthin schon 81.383 Tonnen Putz- und Waschmittel mit so klangvollen Namen wie Ata, Imi, Sil und natürlich Persil produziert.

Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs im Jahre 1944 stößt das Werk an Wasch-, Spül-, Scheuer- und Reinigungsmitteln nie wieder erreichte 160.000 Tonnen aus. Ein Jahr später bleiben klägliche 26.700 Tonnen übrig. Doch Genthin hat Glück im Unglück. Die sowjetischen Befreier verzichten 1946 auf eine Demontage. Die Anlage wird Volkseigentum. In den folgenden 43 Jahren Sozialismus erlebt das Werk unter verschiedenen Namen und mangels Konkurrenz eine zweite Blüte. So heißt die Fabrik ab 1951 volksbürokratisch präzise VEB Persilwerk. Doch lange dürfen sich die Ostdeutschen an diesem Tradition und Sozialismus verknüpfenden Namen nicht erfreuen: Schon 1957 wird wieder umbenannt. Die Anlagen heißen nun profan „VEB Waschmittelwerk Genthin“.

1968 werden die Waschmittelwerker eingegliedert in den „VEB Leichtchemie, Monopol für kosmetische und haushaltchemische Produkte“. Der Name des Hauptproduktes wechselt zu „Spee“.

Im Revolutionsjahr 1989 werden satte 145.000 Tonnen Waschmittel produziert, davon 50.000 Tonnen exportiert. Nebenbei produziert das Werk auch noch 40.000 Tonnen Fettsäuren und Glyzerine.

Nach der Reprivatisierung durch die Treuhand heißt die Fabrik ab 1990 „Waschmittelwerk Genthin GmbH“. Der Personalabbau beginnt. 1991 schließlich kauft die einst verstoßene Düsseldorfer Mutter Henkel ihr ehemaliges Werk zurück und nennt es „Henkel Genthin GmbH“. Waschmittel werden weiter hergestellt, jetzt aber phosphatfrei. Auch am Namen „Spee“ halten die neuen alten Eigner fest. Nur die Rezeptur wird verändert und die Packung farblich dem Kapitalismus angepaßt. Laut 'Öko-Test‘ 8/90 ist „Spee-Color“ zwar, wie jedes andere Waschmittel, unter ökologischen Gesichtspunkten nicht unbedenklich, schneidet aber im Vergleich zu vielen Konkurrenzprodukten gut ab.

Unerfreulich schlecht ist dagegen bislang der „Spee“-Absatz in den neuen Bundesländern: Im Januar hielt die Marke einen Anteil von mageren 15 Prozent. Probleme bereitet dem Henkelmanagment der Handel, der das Ostprodukt in vielen Läden nicht in die Regale stellt. In den alten Ländern soll Spee im Juni eingeführt werden.

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