piwik no script img

Polen: Entscheidung über Abtreibungsverbot vertagt

Warschau (dpa) — Das polnische Parlament hat gestern die Entscheidung über das umstrittene Abtreibungsverbot erneut verschoben. Nach heftiger Debatte beschloß das Abgeordnetenhaus mit 208 gegen 145 Stimmen bei 14 Enthaltungen, über das von einem Sonderausschuß vorbereitete Gesetz nicht zu diskutieren. Statt dessen wurde die Regierung beauftragt, einen Maßnahmenkatalog zum Schutz von Mutter, Kind und Familie vorzulegen.

Für den Gesetzentwurf, der Abtreibungen auch dann unter Strafe stellte, wenn das Kind unheilbar krank zur Welt kommen würde oder die Schwangerschaft auf eine Vergewaltigung zurückzuführen ist, hatten sich die katholischen Bischöfe ausgesprochen. Das Parlament folgte dagegen einem Vorschlag der Fraktion der Demokratischen Union um den katholischen ehemaligen Ministerpräsidenten Tadeusz Mazowiecki. In der Parlamentsentschließung wird die in Polen verbreitete Praxis der Abtreibung als eine „schwere Plage“ verurteilt. Um die „Achtung für das menschliche Leben“ wirksam zu fördern, seien jedoch vielfältige Maßnahmen und eine wirksame Sozialpolitik erforderlich.

Die bisherige liberale Abtreibungspraxis soll revidiert werden. So wird verlangt, daß Abtreibungen nicht mehr privat durchgeführt werden dürfen. Das Gesetz von 1956 mit der Fristenregelung sollte möglichst schnell suspendiert werden. Fachleute schätzen, daß in Polen jährlich 500.000 Schwangerschaften abgebrochen werden. Die Parlamentsdebatte war von Demonstrationen der Befürwortern und Gegnern des Abtreibungsverbots begleitet. Dabei waren zum ersten Mal auch kirchenfeindliche Losungen zu hören.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen