Kuwaitis statuieren Exempel

■ Gericht verhängt drastische Strafen gegen „Kollaborateure“/ Träger eines Saddam-T-Shirts muß für 15 Jahre ins Gefängnis/ Angeklagte sitzen in Käfigen und werden im Schnellverfahren abgeurteilt

Kuwait-Stadt (taz/ap/afp) — Wegen Kollaboration mit der irakischen Besatzungsmacht sind am Sonntag in Kuwait sechs Männer zu Gefängnisstrafen bis zu 15 Jahren verurteilt worden. Die Sechs, fünf Iraker und ein Jordanier, gehörten zu der ersten Gruppe von insgesamt etwa 300 Angeklagten, denen vor einem Militärgericht der Prozeß gemacht werden soll. Vier Beschuldigte wurden am Sonntag freigesprochen, zwölf Verfahren wurden vertagt. Die Urteile wurden nach einer Anhörung gefällt, zu der man keine Zeugen geladen hatte.

Die höchste Strafe von 15 Jahren Gefängnis bekam der Iraker Adnan Abdu Hassan Ali, der ein T-Shirt mit dem Konterfei des irakischen Präsidenten Saddam Hussein getragen hatte. Wie die britische Zeitung 'The Guardian‘ berichtet, wurden zwei irakische Brüder wegen Kollaboration und dem Besitz von vier Pistolenkugeln zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Die Zwei brachten zu ihrer Verteidigung vor, daß die Kugeln an einem Schlüsselring befestigt waren und nur der Dekoration dienten, aber der Richter erklärte, daß die Geschosse immer noch benutzt werden könnten.

Drei weitere Angeklagte erhielten Haftstrafen zwischen dreieinhalb und 13 Jahren. Nach Verbüßung ihrer Strafe droht ihnen die Deportation. Die Angeklagten wurden in eine Art Metallkäfig in einer Ecke des Gerichtssaals geführt und hatten keinen Kontakt zu ihren Anwälten, die ihre Mandanten zum Teil erst am Sonntag morgen kennengelernt hatten. Etliche Angeklagte erklärten, daß sie während der Haft gefoltert worden seien.

Das am 26. Februar über Kuwait verhängte Kriegsrecht läßt eine Berufung nicht zu. Die Urteile müssen von Kronprinz Scheich Saa el-Abdallah el-Sabah, dem Oberbefehlshaber der kuwaitischen Truppen, geprüft und bestätigt werden. Der Kronprinz kann auch Begnadigungen aussprechen.

Am Dienstag soll ein Kollaborationsprozeß gegen 23 Journalisten eröffnet werden, die bei der Zeitung 'Al-Nida‘ gearbeitet haben, der einzigen Zeitung, die während der irakischen Besetzung Kuwaits erscheinen durfte. Ihnen droht als Höchststrafe die Hinrichtung. Kritiker betrachten die Prozesse als einen Versuch Kuwaits, von Menschenrechtsverletzungen abzulenken, die dem Land wiederholt vorgeworfen worden sind. Der Richter verteidigte dagegen die Prozeßserie mit den Worten: „Dieses Gericht unparteiischer und völlig unabhängiger Richter ist eine Garantie für faire Prozesse.“

Nach der internationalen Sympathiewelle während der irakischen Invasion Kuwaits wuchs nach dem Krieg weltweit die Kritik an dem Emirat wegen Ausschreitungen gegen die im Lande lebenden Palästinenser und weiterer Mißachtung der Menschenrechte. Die kuwaitische Opposition beschuldigte die Regierung der Folterung, Exekutionen und Verhaftungen und forderte eine parlamentarische Demokratie. Das Europäische Parlament drohte vergangene Woche mit der Blockade eines Handelsabkommens der EG mit Kuwait, wenn die Menschenrechtsverletzungen kein Ende nehmen. Beobachtern zufolge werden die Urteile vom Sonntag das Ansehen Kuwaits weiter schädigen.

Ein anwesender US-Diplomat antwortete auf die Frage, ob diese Ereignisse in Washington nicht Verlegenheit und Unannehmlichkeiten hervorriefen, die USA seien nicht gekommen, um Kuwait sein Parlament wiederzubringen, sondern um den Irak aus dem Land zu treiben.