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Feierstimmung in türkischem Frauenladen

■ KIDöP wurde am Wochenende zehn Jahre alt/ Freizeit- und Bildungsangebote für türkische Mädchen und Frauen

Friedenau. Am Wochenende ging es hoch her im türkischen Frauenladen KIDÖP in Friedenau. Die in Deutschland aufgewachsene türkische Dichterin Zehra Cirak las einem etwa 50köpfigen Publikum ihre auf Deutsch verfaßten Gedichte vor, die — amüsant, frech, besinnlich oder auch nachdenklich — für einen Internationalismus plädierten. Probleme mit der kulturellen Identität habe sie nie gehabt: »Das ist das Problem der anderen, aber nicht meins.« Anlaß für das Fest war das zehnjährige Jubiläum von KIDöP. Wöchentlich gehen hier seit 1981 100 bis 120 türkische Frauen und Mädchen ein und aus, um an Deutsch- oder Alphabetisierungskursen, Hausaufgabenbetreuung, Rechtsberatung oder am Freizeitangebot teilzunehmen. Oder einfach, um einmal Gesellschaft zu haben. Türkische Saz-Musik brachte die Frauen und (wenigen) Männer am Wochenende in Schwung. Sensationell war es, daß das dickbauchige, langhalsige Saiteninstrument von einer Frau gespielt wurde. Suna Mubarek hat sich damit eine reine Männer- Domäne erobert, denn dieses Instrument wird in der Türkei traditionell ausschließlich von Männern gespielt.

Viele der Frauen, die zu KIDöP kommen, sind alleinstehend oder fühlen sich zu Hause nicht verstanden. Ziel der Kurse ist, die Frauen für eine Ausbildung und berufliche Qualifikation zu interessieren und sie bei der Verwirklichung ihrer beruflichen Pläne zu unterstützen. Bei den Freizeitangeboten handelt es sich um »typische Frauenbeschäftigungen« wie zum Beispiel Näh- und Stoffmalkurse. »Wir richten uns nach dem Interesse der Frauen. Und die Nachfrage nach solchen Kursen ist sehr groß«, berichtet Isa Reimann, Initiatorin und Mitarbeiterin des Frauenladens. Weiterhin bietet KIDÖP dreimal in der Woche Sozialberatung an. Zweimal im Monat ist ein Rechtsanwalt anwesend; bei 80 Prozent aller Rechtsberatungen handelt es sich um Mißhandlungen durch den Ehemann, Scheidungen und Sorgerechtsregelungen.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Ladens ist die Kulturarbeit. Mehrmals im Jahr werden Lesungen, Theatervorführungen und Ausstellungen für die deutsche und türkische Öffentlichkeit organisiert. Die Frauen sollen ihre kreativen Fähigkeiten und Talente entdecken, selbst Theater spielen oder ihre künstlerischen Produkte ausstellen. Zwei türkische und eine deutsche Sozialarbeiterin sind im KIDÖP fest angestellt. Die Stellen und die Miete werden vom Senat bezahlt. Für alles andere — Kurse, Rechtsberatung — müssen alljährlich neue Geldgeber gefunden werden, was angesichts der Sparmaßnahmen im Sozialbereich in Zukunft nicht einfach sein wird. Nadja Encke

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