Mütter zahlen mehr, Männerhobbys sind billiger

■ Deutsche Bundesbank errechnet wachsenden Wohlstand in Ostdeutschland

Frankfurt (ap/dpa/taz) — Vollkornbrot ist sechsmal so teuer, Fotoapparate kosten nur noch einen Bruchteil des früheren Preises — unter dem Strich hat nach Berechnungen der Deutschen Bundesbank die Währungsunion zum Juli 1990 den BürgerInnen zwischen Elbe und Oder mehr Wohlstand gebracht. Nach dem jüngsten Monatsbericht der Zentralbank der gestern in Frankfurt veröffentlicht wurde, hat das Preisniveau in der ehemaligen DDR „in den ersten Monaten“ nach der Währungsunion „deutlich unter seinem Stand von 1989“ gelegen. Bis zum März 1991 allerdings stiegen die Lebenshaltungskosten in Ostdeutschland kräftig, um durchschnittlich 14 Prozent. Das ermittelten die Fachleute des Statistischen Bundesamtes und des Statistischen Amtes der DDR auf Grundlage des alten Warenkorbes von 1989, der — so die Bundesbanker selbstkritisch — möglicherweise nicht mehr hinreichend aussagekräftig ist.

Die Lebenshaltung aller privaten Haushalte habe sich im zweiten Halbjahr 1990 in den neuen Bundesländern um 3,1 Prozent im Vergleich zum Jahresdurchschnitt 1989 verbilligt. Am meisten profitierten Haushalte mit höherem Einkommen: Für sie errechneten die StatistikerInnen gar einen Preisrückgang um 6,3 Prozent. Am wenigsten hatten die Zwei- Personen-Rentnerhaushalte von der Währungsunion, ihre Lebenshaltungskosten verringerten sich aber auch noch um 1,8 Prozent.

Das Nachsehen hatten auch alleinerziehende Frauen: Bei den Dienstleistungen nämlich halten die „Leistungen der Kindergärten und ähnlichem“ die absolute Spitze der Preiserhöhungen: Sie kosten mit einem Index von 297,7 dreimal soviel wie im DDR-Durchschnitt von 1989, der als Index 100 gesetzt wurde. Das andere Preis-Extrem ist in der Männerhobby-Sparte „Gewerbliche Produkte“ zu finden: Fernseh-, Radio- und Fotogeräte kosten nur noch 31,6 Prozent dessen, was DDR-Menschen 1989 dafür hinlegen mußten.

Lebensnotwendiges ist teurer geworden

Die Preise stiegen vor allem bei den einst subventionierten lebensnotwendigen Waren. Die StatistikerInnen führen die Preisexplosion beim Vollkornbrot an, stellen ihr aber gegenüber, daß viele Grundnahrungsmittel auch deutlich billiger geworden seien wie Geflügel, Eier, Butter und Mehl — von Genußmitteln wie Kaffee, der um 80 Prozent billiger wurde, ganz zu schweigen. Doch: „Insgesamt war das Preisniveau für Nahrungsmittel im zweiten Halbjahr 1990 um 15,4 Prozent höher als im Jahresdurchschnitt 1989.“

Das Gesamtergebnis für die Schlagzeile „höherer Wohlstand in den neuen Ländern“ brachten die gewerblichen Waren, die in der DDR mit hohen Abgaben belastet gewesen waren und deutlich billiger wurden. Dazu gehörten Möbel, Elektrogeräte für Küche und Wohnzimmer oder etwa Autos: Videorekorder waren nach der Währungsunion um 90 Prozent billiger als vorher.

Aus dem Monatsbericht der Bundesbank geht ebenfalls hervor, daß Familien in den alten Bundesländern (im Durchschnitt 1990) deutlich mehr Geld auf der hohen Kante haben als die Brüder und Schwestern in den neuen Ländern. Während in den alten Ländern jeder Haushalt über ein Vermögen von 100.000 Mark verfügt, sind es in den neuen Bundesländern lediglich 20.000 Mark. Allerdings: Der Bundesbankbericht sagt nichts über die tatsächliche Verteilung der Vermögen aus. Vergleichsweise wenige Superreiche könnten also durchaus den Schnitt der Altländer-Haushalte kräftig nach oben getrieben haben. „Die Vermögenssituation der Bevölkerung in den neuen Bundesländern kommt damit Verhältnissen nahe, wie sie im Westen Deutschlands zu Beginn der 70er Jahre geherrscht hatten“, schreibt die Bundesbank.

Nichts mehr auf der hohen Kante hat hingegen der Bund. Wie die Notenbank in ihrem Breicht schreibt, schmolzen die Bonner Reserven von 19 Milliarden DM Ende Januar auf zwei Milliarden DM Ende April zusammen. In der ersten Aprilhälfte mußte der Bund erstmals seit einem Jahr wieder auf den Buchkredit der Bundesbank zurückgreifen. Ursachen dafür sind die Kosten der Einheit und des Golfkriegs. Donata Riedel