: Großfahndung nach Stasi-Abhörprotokollen
■ Hektische Recherche im Hause Heckelmann nach angeblichen Protokollen über Verfassungsschutz-Intrige gegen Rot-Grün/ Polizei weiß von nichts
Berlin. Der Staatssekretär von Innensenator Heckelmann, Armin Jäger, hat gestern in sämtlichen Behörden des Inneren eine Großfahndung nach den angeblich existierenden Stasi-Abhörprotokollen ausgerufen. Der Grund: Die Stasiprotokolle von Telefonmitschnitten zwischen Beamten des Berliner Verfassungsschutzes und dem Kölner Bundesamt liegen weder — wie vom 'Tagesspiegel‘ behauptet — beim Berliner Staatsschutz noch bei einer anderen Polizeibehörde. Das versicherte gestern Polizeivizepräsident Dieter Schenk auf Nachfrage der taz. »Die Polizei hat die Protokolle jedenfalls nicht«, sagte er.
Der Stasi-Sonderbeauftragte der Bundesregierung, Joachim Gauck, war von der angeblichen Existenz mehrerer Panzerschränke voller Abhörprotokolle bislang überhaupt nicht unterrichtet. 'Der Tagesspiegel‘ hatte am vergangenen Samstag berichtet, die Protokolle würden »gegenwärtig« vom Berliner Staatsschutz »ausgewertet«. Aus den Unterlagen gehe hervor, daß hohe Berliner Verfassungsschutzbeamte das Kölner Bundesamt 1989 gegen den rot-grünen Senat zu intrigieren versucht hätten, hieß es in der Zeitung weiter (die taz berichtete).
Auf die Frage, ob sich die Protokolle möglicherweise beim Verfassungsschutz befinden könnten, verwies Gauck auf den Einigungsvertrag. Jener besagt, daß die Unterlagen der Stasi beim Sonderbeauftragten zu verwahren sind. Gauck hielt es allerdings für »denkbar«, daß ehemalige Offiziere des Ministeriums für Staatssicherheit den Verfassungsschutz mit entsprechenden Unterlagen über die Abhörtätigkeit versorgten. »Solche Vorkommnisse sind mir zwar nicht offiziell bekannt, aber davon kann man ausgehen.«
Unterdessen wird im Hause von Innensenator Heckelmann (CDU) hektisch untersucht, was an der Geschichte mit den Abhörprotokollen dran ist. Einzige Stellungnahme von Heckelmann-Sprecher Gutberlet gestern: »Es wird in den einzelnen Abteilungen recherchiert, ob es irgendwelche Erkenntnisse gibt.«
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Klaus-Rüdiger Landowsky packte die Gelegenheit beim Schopfe, um den früheren Innensenator Erich Pätzold (SPD) als »mittelbaren« Drahtzieher der Abhör-Story zu verdächtigen (siehe Interview). Pätzold wies diese Behauptung gegenüber der taz entschieden zurück und behielt sich »die notwendigen Schritte gegen die übliche und üble Art« von Landowsky vor. »Die hoffentlich bald zu einem Ergebnis führende Aufklärung«, so Pätzold, »wird zeigen, wer wieder einmal bei der Wahrheit geblieben ist und wer nicht.« Zu der von SPD und Bündnis 90/Grüne geforderten »schonungslosen Offenlegung des Sachverhalts« sagte Landowsky: »Auch wir sind immer für eine komplette Aufklärung. Das ist für uns überhaupt kein Problem.« plu
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