EUROFACETTEN: Kanonenfutter
■ Zwischen den Fronten der Agrargiganten USA und EG
Unsere Regierung sagt, es sei die Schuld der Europäer, daß es uns so schlecht geht. Denn die EG weigere sich penetrant, amerikanische Produkte ins Land zu lassen. Unsere Politiker sagen, wenn wir die EG mit Hilfe von GATT daran hindern könnten, ihre Landwirtschaft weiter abzuschotten und zu subventionieren, ginge es uns amerikanischen Bauern besser. Denn dann hätten wir endlich einen Markt für unsere Milch, unser Getreide und unser Fleisch. Dabei verschweigen sie aber, daß dafür auch die Preise für unsere Produkte auf den wesentlich niedrigeren Weltmarktpreis fallen müßten. Der Preis für unsere Milch ist aber bereits so niedrig, daß wir zuschießen müssen, um die Produktionskosten zu decken. Diesen Widerspruch fangen Bauern, Umweltschützer und Konsumenten bei uns inzwischen an zu verstehen. Denn während der Milchpreis, den die Produzenten erhalten, letzten Winter um ein Drittel gesunken ist, stiegen die Milchpreise in den Lebensmittelläden an. Die Folgen dieser Entwicklung — massenhaftes Bauernsterben, unökologische Produktion, schlechte Produktqualität — sind weder im Interesse der Bauern noch der Verbraucher. Selbst die Gewerkschaften haben dies inzwischen eingesehen und machen gegen GATT mobil. Wichtig ist nun, daß wir über die Ozeane hinweg zusammenarbeiten, um Handelspolitiken zu entwickeln, die in unser aller Interesse sind. Die Bauern der Dritten Welt müssen daran teilhaben, denn wenn wir die Vanilla-Farmer in Madagskar ausgrenzen, fangen wir an, auch einen Teil von uns selbst zu zerstören. Ich rufe deshalb die Europäer auf, standhaft zu bleiben. Das amerikanische Volk steht bei weitem nicht so geschlossen hinter den Forderungen der US-Regierung, wie diese Glauben macht. Statt durch Preissenkung und Subventionsabbau uns der Würde unserer Arbeit zu berauben, sollten die Bauern wieder mehr respektiert werden — durch eine gerechte Bezahlung für die Arbeit, die wir für die Gesellschaft leisten. John Kinsman
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