: Walesa versucht sich in Geschichtsbewältigung
■ Zusagen an Israel: Polen liefert keine Waffen an Syrien
Jerusalem (dpa/ap/taz) — Polens Staatspräsident Lech Walesa, der heute einen viertägigen Israelbesuch beendet, will einen Liefervertrag für moderne Panzer an Syrien rückgängig machen. Dies erklärte er am Dienstag gegenüber Israels Verteidigungsminister Arens. Nach Informationen der Zeitung 'Yedioth Aharonot‘ sagte Walesa, Polen habe „das Milliarden-Dollar-Geschäft aufgegeben, weil wir nicht den Feinden Israels Waffen verkaufen wollen“.
Walesa besuchte als erster polnischer Präsident Israel. Die vollen Beziehungen zwischen den beiden Staaten wurden erst vor einem Jahr aufgenommen. Polen hatte nach dem Sechstagekrieg 1967 die diplomatischen Beziehungen zu Israel abgebrochen. Im vergangenen Jahr haben etwa 39.000 Juden aus der Sowjetunion die polnische „Transitstation“ bei Warschau verwendet, um nach Israel weiterzufliegen. Warschau, Budapest und Bukarest sind jetzt die Hauptstützpunkte der israelischen Behörden für den Transport jüdischer Emigranten aus der Sowjetunion nach Israel.
Walesa wurde in Israel mit Ehren empfangen, die vor ihm nur wenigen Politikern zuteil wurden. Wie Sadat, Carter und Mitterrand durfte er in der Knesset sprechen, doch bekam er für seine Rede keinen Beifall. Viele verstanden den Polen auch ohne Dolmetscher.
Die meisten der sechs Millionen jüdischen Opfer des Holocaust wurden in deutschen Konzentrationslagern auf polnischem Boden ermordet. Und dies — wie die Tageszeitung 'Jerusalem Post‘ kommentierte, „mit der aktiven Beteiligung vieler Polen und dem duldenden Wissen der großen Mehrheit“. Nur etwa 300.000 von rund 3,5 Millionen polnischen Juden überlebten nach israelischen Angaben die Massenvernichtung.
Am Vorabend seiner Reise hatte Walesa zur Versöhnung zwischen dem polnischen und dem israelischen Volk aufgerufen und Vorwürfe, in Polen sei Antisemitismus weit verbreitet, mit der Bemerkung bestritten, in Polen könne es gar keinen Antisemitismus geben, weil es dort keine Juden mehr gebe.
Rund ein Drittel der polnischen Bevölkerung hat nach einer in Israel veröffentlichten Umfrage starke negative Vorurteile gegenüber den Juden. In dieser Woche wurde in Warschau die erste Partei gegründet, die sich offen antisemitisch gibt. Und Lech Walesa brüstete sich noch im Präsidentschaftswahlkampf 1990, er sei „hundertprozentig polnisch“.
Ministerpräsident Schamir sprach deshalb von den „besonderen Beziehungen“ zwischen Polen und Juden, ein Begriff, der sonst in Verbindung mit den deutsch-israelischen Beziehungen verwendet wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen