: Reise-Krimi
■ Wenn Katzenbach kommt: John Katzenbach "Die Rache"
WENNKATZENBACHKOMMT...
Der Mann lebt mit Frau und Sohn in Coral Gables, Florida. Er war jahrelang Gerichtsreporter für die 'Miami News‘ und den 'Miami Herald‘. Doch dann hatte John Katzenbach die Schnauze voll von realen Verbrechern und begann Krimis zu schreiben. Sein erster, Das mörderische Paradies (In the Heat of Summer), in dem ein psychopathischer Killer in der klebrigen Hitze Miamis sein blutiges Handwerk verrichtet, wurde gleich ein Hit. Das gleichnamige Hollywood-Lichtspiel mit Kurt Russel und Mariel Hemingway wird leider dem Buch in keiner Weise gerecht. Es folgte Das Auge (The Traveller), ebenfalls mit einem üblen Psycho und einer Jagd kreuz und quer durch die Vereinigten Staaten. Katzenbachs dritter Thriller-Streich heißt Die Rache.
Die Geschichte spielt 1986 in einem kleinen Nest in Massachusetts. Hier leben Megan und Duncan Richards mit ihren siebzehnjährigen Zwillingen Karen und Lauren und dem achtjährigen Tommy ihr glückliches Mittelstandsleben. Sie ist Maklerin, er leitender Bankangestellter, keine Geldsorgen, Villa am Stadrand — was will der Ami mehr? Megan und Duncan haben allerdings ein kleines Geheimnis. 1968, die Haare waren lang, die Gesinnung links, überfielen die beiden mit ihrer militanten Gruppe eine Bank. Die Geldbeschaffungsmaßnahme ging gründlich in die Hose. Ein paar Cops mußten dran glauben, mehrere Hippie-Revoluzzer wurden erschossen und die Anführerin, Olivia Barrow, bekam für 18 Jahre ein Zimmer auf Staatskosten. Megan und Duncan konnten fliehen und beschlossen anständige Amerikaner zu werden. Das kann die wilde Olivia, gerade aus dem Knast entlassen und voller Rachegelüste, nicht akzeptieren. Sie kidnappt den kleinen Tommy und, weil er gerade da ist, auch den Opa der Richards und verlangt von Duncan, daß er seine eigene Bank ausraubt.
So weit so gut. Katzenbach hat die Geschichte clever eingefädelt. Denn die Richards stecken jetzt in einer Zwickmühle: Zur Polizei können sie nicht, denn Mord verjährt nicht. Seine Bank kann Duncan zwar leicht leer räumen, doch auch in diesem Fall wäre der amerikanische Kleinstadttraum endgültig ausgeträumt. Leider fängt Katzenbach in dieser Situation an, das hohe Lied der Kleinfamilie immer lauter zu singen. Daß Olivia durch und durch verkommen ist, versucht er unter anderem dadurch klarzumachen, daß sie eine Lesbe ist. Als Mutter Richards dann auch noch diverse Schießprügel einkauft und damit Papa und den Rest ihrer Brut aufrüstet, steht der Ausgang der Geschichte fest und das ganze Ding geht endgültig den Bach runter. Schade. Ein paar Klischees und 100 Seiten weniger, dafür aber einige überraschende Wendungen hätten die Spannung, die die Ausgangsposition verspricht, vielleicht retten können.
(Lübbe-Verlag)
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