: »Wohltätig« bis »herb-kritisch«
■ Vereinigung Berliner Strafverteidiger feiert als älteste deutsche Interessenvertretung ihrer Art ihr 40jähriges Jubiläum/ Justizsenatorin Limbach lobte Vereinigung als »kritische« Begleiterin
Berlin. Anlaß, mit der Justizsenatorin Jutta Limbach (SPD) hart ins Gericht zu gehen, hätte es wegen des geplanten Justiz-Entlastungsgesetzes allemal gegeben. Doch die beiden Rechtsanwälte Hans-Joachim Ehrig und Gerhard Jungfer übten sich bei ihrer Ansprache anläßlich des 40. Jubiläums der Vereinigung der Berliner Strafverteidiger am vergangenen Samstag im Logenhaus gegenüber der Senatorin lieber in Artigkeiten. Gerhard Jungfer ließ in seinem Vortrag zwar keinen Zweifel daran, daß man die »geliebte Strafprozeßordnung« mit wütender Entschlossenheit verteidigten werde, verzichtete aber darauf, sich mit deutlichen Worten direkt an die im Saale anwesende Senatorin zu wenden. Auch der sonst eher für Klartext bekannte Vorsitzende der Vereinigung, Hans- Joachim Ehrig, beschränkte sich auf die allgemeine Forderung, »wer Verteidigerrechte einschränkt, muß Wahlen verlieren«. Harmonie und Kerzenlicht zeitigten auch bei Jutta Limbach Wirkung. Sie habe die Vereinigung der Strafverteidiger in ihrer Amtszeit als »wohltätige« wie auch »herb kritische« Organisation zu schätzen gelernt. »Nur wer sich kritisch begleitet weiß, wird seinen Weg nicht verfehlen«, meinte sie.
Die am 7. April 1951 gegründete Vereinigung der Berliner Strafverteidiger ist die älteste bundesdeutsche Vereinigung dieser Art. Heute zählt die Intressenvertretung unabhängiger Strafverteidiger rund 350 RechtsanwältInnen zu ihren Mitgliedern. Darauf, daß dazu auch die Verteidiger des langjährigen Schmücker-Verfahrens gehören, sei man »sehr stolz«, sagte der Vorsitzende Ehrig. Wie berichtet wurden in drei Durchgängen des Schmückerverfahren lebenslange Freiheitstrafen verhängt, die jedesmal vom Bundesgerichtshof kassiert wurden. Erst im vierten Durchgang wurde der Prozeß eingestellt. »Das«, so Ehrig, »war nur möglich, weil eine beharrliche, unermüdliche Verteidigung den voreiligen Griff nach der vermeintlichen Wahrheit verhindert hat.« Seit 1953 organsiert die Strafverteidiger-Vereinigung eine kostenlose Rechtsberatung in der U-Haftanstalt Moabit. Später wurde auch die Beratung auf die Frauen- und Jugend-U-Häftlinge sowie auf die Strafgefangenen und — seit kurzem — sogar auf die Haftanstalt Brandenburg ausgedehnt. Ferner werden von der Vereinigung Fortbildungen organsiert, Anhörungen zu Gesetzesvorhaben veranstaltet, ein eigenes Archiv unterhalten und Schriftenreihen herausgegeben. Außerdem war die Vereinigung maßgeblich an der Organsiation der bundesweiten Strafverteidigertage beteiligt, die seit 1977 einmal im Jahr stattfindet. plu
Pünktlich zur Feier hat die Vereinigung »eine subjektive« Dokumentation über das »Berliner Landrecht« herausgegeben. Das Buch ist für 18 Mark über die Geschäftstelle in der Güntzelstraße 53 zu beziehen.
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