: »Das ist doch wohl das Letzte vom Letzten«
■ Lothar Berfelde, 63, Gründer des Gründerzeitmuseums, zum Überfall in Mahlsdorf
taz: Herr Berfelde, wie haben Sie den Überfall erlebt?
Berfelde: Ich selber habe ihn nicht direkt erlebt, weil ich im Museum siebeneinhalb Stunden lang die Führungen gemacht habe. Es gab da ein großes Interesse. Ich war fertig mit den Führungen um 22.25 Uhr. Und dann dachte ich, ich gehe mal 'raus. Da war aber der größte Teil der Leute bereits weg. Schon kamen mir die ersten Leute entgegen und sagten, daß Randalierer kommen sollten: ‘Jetzt kommen die Faschos auf unser Grundstück zu.‚ Ich sollte die Polizei anrufen, sagten die. Dann hörte ich schon Donnergetöse, als die Sicherheitsscheiben der Kellertür zu Bruch gingen. Dann gingen sie mit Knüppeln auf die Gäste los. Zwei Frauen wurden mit Pistolen am Auge verletzt. Eine Mitarbeiterin des Museums und eine Frau aus München, die jetzt noch im Krankenhaus Friedrichshain liegt und wohl noch vier Tage da bleiben muß.
Wie bewerten Sie die Attacke auf Lesben und Schwule?
Hier wollte man stören, das war ein Gewaltangriff. Und was das Viehische ist: Es war ein Angriff dieser jugendlichen Männer auf Frauen. Das ist ja wohl das Letzte vom Letzten. Bei allem Frust, den man verstehen kann bei vierzig Jahre Daumen drauf durch den DDR-Staat, sicher sind auch die Eltern schuld, kann man die Jugendlichen nicht freisprechen. Auch nicht verurteilen vielleicht. Aber ich muß doch sagen, diese Gewalt gegen Frauen ist wirklich schlimm. Bei uns im Osten hat auch die Gewalt gegen Schwule und Lesben wesentlich zugenommen. Im Westen weniger in dieser massiven Form. Aber hier ist das Gewalttätigkeit hoch drei — was man jetzt so liest in den Zeitungen. Das ist so unerfreulich. So ähnlich wie wir das vor fünfzig Jahren schon mal hatten. Nun sind keine Juden da und keine Roma und keine Sinti, da wird eben die Minderheit der Schwulen und Lesben angegangen, das ist das Schlimme. Interview: kotte
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen