Georgische Opposition fürchtet Diktatur

■ Nationalist Swiad Gamsachurdija gewinnt die ersten direkten Präsidentenwahlen

Moskau (dpa) — Als klarer Sieger aus den ersten direkten Präsidentenwahlen in der Kaukasusrepublik Georgien ist wie erwartet Swiad Gamsachurdija hervorgegangen. Der Chef des Parteienbündnisses „Runder Tisch — Freies Georgien“ konnte bei einer Wahlbeteiligung von 79,4 Prozent rund 87 Prozent der abgegebenen Stimmen auf sich vereinen.

Das zweitbeste Ergebnis erzielte der Führer der Bewegung „Nationale Wiedergeburt“, Walerian Adwadse, er erhielt sieben Prozent der Stimmen. Adwadse hat unterdessen berichtet, daß seine Anhänger in einigen Stimmbezirken Fälle von Wahlbetrug beobachtet hätten. Der sechzigjährige Wirtschaftsprofessor hatte Gamsachurdija bereits im Wahlkampf scharf angegriffen und ihm vorgeworfen, eine totalitäre Herrschaft anzustreben. Während Georgier in Gamsachurdija den Messias der georgischen Selbständigkeit sehen, fürchtet die Opposition ebenso wie Angehörige nationaler Minderheiten, daß der nationalistische Hardliner mit ihnen noch rigoroser umspringt, als die Moskauer Zentrale in den schlimmsten Zeiten der Unterdrückung.

Der charismatische Führer kämpfte jahrelang für die Unabhängigkeit Georgiens, das 1921 von der Roten Armee besetzt und 1922 der Sowjetunion eingegliedert wurde. In der Breschnew-Ära saß er lange für seine Überzeugungen im Gefängnis. Im Herbst vergangenen Jahres wurde er zum Parlamentspräsidenten der Georgischen Sowjetrepublik gewählt. Die Direktwahl am Sonntag soll Gamsachurdija nicht nur die unbezweifelbare Legitimität seiner Herrschaft, sondern auch weitgehende Kompetenzen in seinem Amt bescheren. Unter anderem wird er ein Veto-Recht gegen Gesetze haben, die das Parlament bereits verabschiedet hat.

Sechs Volksfronten gründen gemeinsames Forum

Ein ständiges Forum der nationalen Unabhängigkeitsbewegungen Armeniens, Georgiens, Moldawiens, Litauens, Lettlands und Estlands ist am Samstag in der moldawischen Hauptstadt Kischinjow gegründet worden. Es soll politische Aktionen koordinieren und an der Entwicklung direkter Wirtschaftsbeziehungen sowie einem Informationsaustausch der Republiken mitwirken. In einer Botschaft an Präsident Michail Gorbatschow wurde das Vorgehen der Sondertruppen des sowjetischen Innenministeriums (OMON) in den baltischen Republiken verurteilt. Die Sowjetunion sei ein inhumanes Imperium, das mit Wirtschaftsblockaden, ideologischer Kriegführung, Staatsterrorismus und militärischer Aggression gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen vorgehe.