piwik no script img

SPD ohne innere Schwerkraft

■ Parteitag sollte Bremen Live erleben, mochte aber nicht recht

Ministerpräsident Rudolf Scharping war allerbester Laune. Zurückgelehnt in den Modernes- Sessel, die Hände lautlos, aber sichtbar rhythmisch klatschend, lauschte er Alfred Mangelsdorffs Posaune. Derweil amüsierte sich Ex-Verkehrsminister Herbert Ehrenberg mit 30 zumeist merklich angeheiterten Genossen im Packhaus beim Vorlesen von „Love Letters“. Egon Bahr und Hans-Jürgen Wischnewski hatten sich zur gleichen Zeit mit ihren Freunden auf ein paar Bier in das Bürgerhaus Weserterrassen zurückgezogen.

Bremer Abende sind lang. Und auch SPD-Delegierte wollen nach des Tages Müh' und Parteitags- Plag' ein bißchen Bier, Bar und Bumsfallera genießen. Doch jetzt hat die Partei einen neuen Vorsitzenden, einen waschechten hedonistischen Hanseaten. Und der hat als eine der ersten Amtshandlungen versucht, Unvereinbares miteinander in Harmonie zu bringen: Bremen, Genossen und Kultur. Das Ergebnis hieß „Bremen Live“ und fand am Dienstag abend an neun verschiedenen Orten unter weitestgehendem Ausschluß von Partei und Öffentlichkeit statt.

Eintausend Karten hatte die SPD nach eigenen Angaben bei Bremer VeranstalterInnen gekauft. Zum Beispiel gleich 200 bei der Shakespeare Company, die die hohen Gäste mit dem „Sturm“ erfreuen wollten. Doch statt der erwarteten Genossen kamen fast nur die Karten, und zwar zurück. Leider ein bißchen spät: Und so waren für die „normalen“ Besucher an der Abendkasse zunächst keine Tickets zu bekommen. Zählbarer Erfolg der Aktion: Rund 80 BesucherInnen.

70 Karten hatten die SPD-Kultköpfe für „Die innere Schwerkraft des Lächelns“ angeschafft und tatsächlich schafften sechs Menschlein den Weg zum Freiraum-Thetear in die Grundstraße. Die ganz normalen Theaterbesucher wandten sich derweil mit Grausen von der Kasse ab, da die SPD die Preise für den Abend erhöht hatte.

Nur im Schlachthof tobte das 900fache Leben bei der Afrikanischen Vollmondnacht. Die Veranstalter hatten das Glück, daß die SPD lediglich 30 Karten abgenommen hatte.

hbk

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen