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CSU beschnüffelt Selbsthilfeprojekte

Fazit: Die Selbsthilfegruppen würden zumeist nur sich selbst helfen/ 20 Millionen Mark würden verschwendet  ■ Aus München Karin Mayer

So einfach gefallenlassen wollen sie sich das nicht, die 40 Münchner Selbsthilfeprojekte, die in den vergangenen Wochen von CSU-Stadträten „beschnüffelt“ wurden. Gegen „gezielte Falschdarstellungen“ durch die Rathaus-CSU wollen Frauenprojekte gemeinsam vorgehen. Die hatte nämlich unangemeldet Selbsthilfegruppen besucht, ihre Eindrücke protokolliert und am vergangenen Freitag auf einer Pressekonferenz vorgetragen. Unausgesprochenes Fazit: Die 20 Millionen Mark für Münchner Selbsthilfegruppen sind meist Verschwendung von Steuergeldern. Die Gruppen helfen, laut Fraktionsvorsitzendem Beltschacher, hauptsächlich sich selbst und ihren Mitgliedern.

„Die Stadträte haben sich völlig uninformiert gezeigt, indem sie zu Zeiten in die Projekte gegangen sind, wo gar nichts los sein kann“, sagte dazu Ulrike Gerhart von KOFRA (Kommunikationszentrum für Frauen) der taz. Und: „Die CSU betreibt klare Meinungsmache.“

In der 'Süddeutschen Zeitung‘ wurde in einem Artikel über das „Schwulen-Kommunikations- und Kulturzentrum“ behauptet, daß sich das Schwukk durch „irreführende Angaben“ beim Sozialreferat in die kommunale Regelförderung eingemogelt habe. „Das Verfahren ist ordnungsgemäß gelaufen“, dementiert Schwukk-Mitarbeiter Manfred Edinger. Unter anderem sollten besonders gute Kontakte zum Kommunalreferenten Georg Welsch die Förderung möglich gemacht haben. „Ich habe am Tag nach dem 'SZ‘-Artikel zum ersten Mal mit Herrn Welsch persönlich gesprochen“, so Edinger.

CSU-Stadtrat Gerhard Bletschacher ist unterdessen der Vorwurf der Schwulen- und Lesben-Projektmitglieder, sie würden diskriminiert, unverständlich. „Wir haben alle Selbsthilfeprojekte besucht — nicht nur Schwule und Lesben.“ Es sei geradezu die Aufgabe des Stadtrats, zu überprüfen, was mit den städtischen Geldern geschehe, sagte Beltschacher gestern. Die grüne Frauenbeauftragte Sabine Piklab ist empört darüber, „daß die CSU in den Projekten als private Kontrollbehörde aufgetreten ist“. Durch den subjektiven Eindruck einzelner Stadträte sei ein völlig falsches Bild von der Arbeit der Projekte entstanden. Im Moment sieht es allerdings nach einem 1:0 für die Rathaus-CSU aus: OB Georg Kronawitter hat zugesichert, daß das städtische Revisionsamt die Selbsthilfeprojekte überprüft.

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