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Sommerplan der Bahn

■ Mit dem ICE von Hamburg nach München/ Wenige Haltestellen/ Viele Bahn-Pendler bleiben auf der Strecke

Berlin (taz) — Als Jahrhundertereignis feierte die Bundesbahn den jetzt startenden Sommerfahrplan. Zwei Merkmale machen das „Jahrhundertwerk“ aus: Der Ersteinsatz von 41 Intercity-Express-Zügen (ICE) zwischen Hamburg und München. Zum ersten Mal werden dafür zwei neue Bahnschnellstrecken in Betrieb genommen: Hannover- Würzburg und Mannheim-Stuttgart. Zweitens werden die Zugverbindungen der Bahn in wesentlich größerem Umfang „vertaktet“, das heißt, sie fahren in regelmäßigen Abständen und werden an Knotenpunkten zeitlich aufeinander abgestimmt. Die Wartezeiten beim Umsteigen sollen so erheblich verkürzt werden. Beide Neuerungen verbessern Reisezeit und Reisekomfort zwischen den vertakteten Großstädten, sowie zwischen dem Westen und Berlin und Dresden/Leipzig. Von Hamburg nach München braucht der Metropolenbewohner so trotz des ICE-Umwegs über Stuttgart künftig rund vierzig Minuten weniger als bisher. Zwischen der schwäbischen Nobelkarossen-Hauptstadt und Hamburg beträgt die Fahrzeit manchmal sogar rund zwei Stunden weniger. Bei den Entwicklungen bleiben aber viele der 900 Millionen Bahn-Pendler mehr oder weniger auf der Strecke (stehen). Künftig müssen Nahverkehrszüge, gerade vor dem Nadelöhr Frankfurt, ihre Stopps verlängern, um einen der schnellen großen „Brüder“ vorbeizulassen. Probleme treten nicht nur rund um Frankfurt auf. Um die höheren Geschwindigkeiten der ICEs, aber auch der ICs und ECs, zum Tragen zu bringen, versuchen die Bahngewaltigen bundesweit die Zahl der Haltepunkte möglichst gering zu halten: Für den ICE idealerweise ein Stopp rund alle 100 Kilometer, für normale ICs alle 50 Kilometer. Der Kreisstadt Wesel am Niederrhein haben alle Proteste nichts geholfen, sie hat mit dem neuen Fahrplan praktisch ihre Direktverbindungen nach Köln und Amsterdam verloren. Am Schalter müssen die BundesbahnerInnen die Reaktionen ertragen: „Meistens negativ.“ Auch der Pressesprecher der Kreisstadt, Wilhelm Hermsen, ist unzufrieden. Eine Pendlerverbindung nach Düsseldorf habe man noch aushandeln können. „Doch letztlich sitzt die Bundesbahn am längeren Hebel.“ Östlich der Elbe folgt die Reichsbahn der Intercity- und Vertaktungsstrategie. Die BerlinerInnen verfügen künftig über 13 IC-Anbindungen nach Köln, Frankfurt und Basel. Vier Intercity versorgen die traditionsreiche Strecke von Berlin nach Hamburg. Die sächsischen Metropolen Dresden und Leipzig werden über drei ICs und zusätzlich sieben Interregios an den Westen angebunden. Die Reisezeit von Dresden nach Köln soll gleich um zweieinhalb Stunden sinken. Insgesamt verkehren künftig immerhin 233 Züge vom Eilzug zum IC über die ehemalige deutsch-deutsche Grenze. ten

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