: ÖTV: Atompolitik bleibt
■ Ausstieg aus der Atomenergie weiterhin Ziel/ Wulf-Mathies dementiert gegenteilige Presseberichte
Berlin (taz) — Die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr strebt „keine Kehrtwende“ der Energiepolitik an. Dies erklärte ÖTV-Sprecher Rainer Hillgärtner gestern der taz. Man wolle die gewerkschaftliche Beschlußlage zum Ausstieg aus der Atomenergie nicht revidieren. Zu dieser Klarstellung sah sich der ÖTV-Sprecher genötigt, weil nach seinen Angaben ein Interview der ÖTV-Vorsitzenden Monika Wulf- Mathies von den Agenturen verkürzt wiedergegeben worden sei. Sie hatte zur Energiedebatte auf dem SPD-Parteitag gesagt, die Partei müsse von ihrem „Datumsfetischismus“, also der vom Nürnberger Parteitag beschlossenen Zehnjahresfrist für den Ausstieg aus der Atomenergie, abrücken. Die Partei solle einen möglichst breiten Konsens in der Energiepolitik zwischen den Parteien, der Energiewirtschaft und den Gewerkschaften suchen. Im übrigen sei sie aber „wie die SPD für einen Verzicht auf Kernenergie so rasch wie möglich“. Diese letztere Aussage war in der Agenturfassung nicht enthalten. Die Forderung nach Konsens zwischen den Parteien und mit der Energiewirtschaft steht im inneren Widerspruch zur Beschlußlage des DGB und auch der ÖTV selbst. Denn bei Beibehaltung der Ausstiegsforderung ist ein Konsens mit der Energiewirtschaft schlechterdings nicht möglich. Die ÖTV hatte eine „Umorientierung der Energiepolitik“ mit dem Ziel eines schnellen Ausstiegs beschlossen. Eine Frist hatte sie dabei im Unterschied zur SPD nicht genannt. Auf dem Nürnberger Parteitag der Sozialdemokraten hatte Wulf-Mathies sich ebenfalls gegen eine Frist ausgesprochen.
Die Forderung nach einem energiepolitischen Konsens mit den Energieunternehmen war auch vom Chef der IG Bergbau und Energie, Berger, erhoben worden. Dieser Konsens ist ohne Revision der bestehenden Beschlußlage nicht zu haben. Für die dritte „Energiegewerkschaft“ im DGB, die IG Chemie, Papier und Keramik, erklärte ihr Sprecher Leipfried, die Chemiegewerkschaft sehe derzeit keine Notwendigkeit für eine neue innere Debatte der Energiepolitik. Martin Kempe
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