Die Hoffnung der Sozis im Osten hat einen Namen

■ Die SPD-Ortsgruppe Leipzig wünscht sich vom neuen Mann an der Parteispitze mehr Gespür für die Basis im Osten

Weißgerber — „so nennen mich die Genossen hier einfach“ — hält tapfer die Stellung. Die gesamte Ortsgruppe der SPD Leipzig ist ausgeflogen in Richtung Bremen, die Geschäftsstelle kurzerhand während des Parteitages geschlossen. Gunter Weißgerber, Bundestagsabgeordneter aus Leipzig, hätte zwar auch gern Willys Rede gelauscht — „der versteht es wenigstens, einen aufzumuntern“ —, aber Pflicht ist Pflicht: In den Räumen der Leipziger SPD im Haus der Demokratie wartet schon der Betriebsrat eines Braunkohlewerks, dessen 1.200 Mitarbeiter im Sommer auf der Straße sitzen werden. Und die Genossen wollen „nicht nur Hoffnung, sondern auch konkrete Versprechen“.

Große Versprechungen erwartet sich Weißgerber nicht vom Parteitag, allerdings setze man „hier in Leipzig“ auf klimatische Verbesserung und „mehr Eindeutigkeit“. Die Hoffnung hat für ihn, dem sächsischer Tatendrang aus allen Knopflöchern quillt, einen Namen: Björn Engholm — der Große Integrator. „Die Friedenssehnsucht treibt uns um. Dieses zerstrittene, intellektuelle, grüblerische Bild der SPD kostet uns hier in Leipzig bald noch den letzten Rest an Glaubwürdigkeit.“ So sehr ja Lafontaine recht gehabt habe mit seinen Prognosen, „verkaufen können wir die nicht in der Heldenstadt“. Die SPD sei konservativer in Leipzig: „Wir stecken da eben noch in den Fünfzigern.“ Weißgerber will Harmonie, also Ruhe „fürs Schaffen“ und ran an die Probleme, „die uns hier drücken“.

Diplomatisch — und ganz harmonisch — verkneift sich Weißgerber eine eindeutige Kritik an der Themengewichtung auf dem Parteitag. Nicht ganz verbergen kann er hingegen den Ärger über die Blauhelm-Diskussion, die ja sicher ganz wichtig, aber wohl nicht allesentscheidend sei. „Mehr Gespür für die Basis“ im Osten sei in den nächsten Tagen wohl nicht zu erwarten.

Wenn es draußen im Lande auf Wahlkampftour mal wieder darum gehe, Hoffnung zu verbreiten, da erinnere er, Weißgerber, sich doch gern an Willy Brandt: Der hat es, und vielleicht hat es auch Engholm — das „Gefühl der ausgebreiteten Arme“. Nana Brink