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Institut sieht schwarz für die UdSSR

■ Institut für Strategische Studien zeichnet pessimistische Prognose für Entwicklung in der UdSSR/ Golfkrieg vertiefte Gräben zwischen arabischen Ländern/ Jahre 1990/91 brachten Ernüchterung

London (afp) — Das Internationale Institut für Strategische Studien (IISS) hat am Mittwoch seinen Jahresbericht 1990/91 vorgelegt, in dem es die politische Entwicklung im vergangenen Jahr beurteilt. Die Ereignisse des Jahres wirkten nach Ansicht des in London ansässigen Instituts wie „eine kalte Dusche“, nachdem der Wandel in Osteuropa 1989 Hoffnungen auf eine friedlichere Welt geweckt hatte. Vor allem der Golfkrieg und die Ereignisse in der Sowjetunion trugen nach Ansicht der Autoren zur Ernüchterung bei. Das IISS geht in seinem Jahresbericht insbesondere auf die Entwicklungen in den beiden Krisengebieten ein. Wenig zuversichtlich zeigt sich der Bericht über die Entwicklung in der Sowjetunion. Das Land habe sich immer weiter von einer Demokratie entfernt, militärische Auseinandersetzungen und Repressionen hätten zugenommen.

Der Weg habe „von der Perestroika in die Krise“ und „von der Krise ins Chaos“ geführt. Auch die jüngste Annäherung zwischen Präsident Michail Gorbatschow und dem Reformpolitiker Boris Jelzin stimmt die Mitarbeiter des Instituts nicht optimistischer, erklärte der Leiter des IISS. Konservative und liberale Kräfte lieferten sich derzeit einen Machtkampf, der es der sowjetischen Führung fast unmöglich mache, ihre liberale Außenpolitik beizubehalten. Das Institut verweist in diesem Zusammenhang auf die jüngsten Unstimmigkeiten bei den internationalen Abrüstungsverhandlungen, die bereits auf eine härtere Linie der UdSSR hindeuteten. Die Position der zweiten Supermacht USA sei dagegen durch den Golfkrieg gestärkt worden. Die US-Führung verfolge vor allem in der Nahostpolitik ehrgeizige Ziele. Das IISS warnt vor einer Vormachtstellung der westlichen Supermacht.

Bei der Analyse des Golfkrieges gehen die Mitarbeiter des IISS insbesondere auf die Folgen für die arabischen Länder ein. Der Konflikt habe die Gräben zwischen den einzelnen Ländern vertieft. Gleichzeitig habe der Überfall auf Kuwait den Arabern gezeigt, daß sie auf eine Bedrohung, wie sie der Irak darstelle, nicht genügend vorbereitet seien. Deshalb stehe nun der Aufbau eines eigenen Verteidigungssystems im Vordergrund, um in Zukunft nicht auf westliche Hilfe angewiesen zu sein. Das IISS wies jedoch auch auf das Problem der Waffenlieferungen in den Nahen Osten hin und schlug eine weltweite Kontrolle vor.

Die Bevölkerungswanderung bildete einen dritten Schwerpunkt des Berichts. Das IISS wies insbesondere auf die politischen Auswirkungen der Flüchtlingsbewegungen hin. Die Einwanderung sowjetischer Juden nach Israel stelle ein politisches Problem für den Nahen Osten dar. Einwanderungsbeschränkungen sind nach Ansicht des IISS keine Lösung für Flüchtlingsprobleme.

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