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Snuff & Econochrist

■ Kein Konzert für die Cousine

Proben mit Jason Donovan (im Ohr): Snuff

Snuff bedeutet nicht nur »sniefen«, als »snuff-movie« bezeichnet man auch Filme, in denen gezeigte sex & crime-stories (angeblich) real sind, wie z.B. in David Cronenbergs »Videodrome«, wo Debbie Harry die unglaubliche Geschichte des Opfers spielt. Snuff kommen aus Nordlondons Stadtteil Hendon und sind gerade auf einer 56-Gigs Tour über den Kontinent. Englands Musikzeitungen feiern sie als Hardcore/Punk/Hüsker Dü—Auferstehung, aber damit wollen Snuff nichts zu tun haben. Auf die Frage, was sie davon halten, in der englischen Musikpresse wie Sounds/NME bejubelt zu werden, antwortet Simon, der Gitarrist: »Wir beachten das nicht besonders, wir verdienen zwar mehr Geld, wenn sie über uns schreiben, aber im Grunde ist es Schwachsinn, die ganze Schaumschlägerei bloß um eine Band.« Duncan/drums und Andy/bass stimmen zu. Und so unbescheiden brettern sie dann los. Tiffanys »I think we're alone now«, Animals »House of the rising Sun«, »City Baby attacked by rats« von GBH kriegen einen neuen Haarschnitt verpasst — kurz und gen Himmel.

Auf ihrer LP werden neben eigenem Material und einer ganzen Latte Coverversionen verrückte Werbejingles eingeschoben, wie z.B. einer über Teppichreinigungstrockenpulver. Stiff Little Fingers, Buzzcocks, Ramones — alles wird eingebaut, Melodie und Geschwindigkeit, kein Song länger als drei Minuten. »Wir fangen mit den dümmsten Coverversionen an«, sagt Andy, »danach machen wir unser eigenes Zeug, meistens Pop-Songs des Tages, wir tapen sie auf Band, trashen sie auf, und bringen sie beim nächsten Gig.« — »Meiner neunjährigen Cousine, die den ganzen Tag Jason Donovan und Tiffany hört, habe ich einmal unsere Versionen vorgespielt, sie hielt sich die ganze Zeit die Ohren zu.« — »Hauptsache ist der Spaß, alles andere zählt doch nicht.« — Was war das erste Konzert? — Andy: »Das war Ende der Siebziger, bei den Addicts, aber ich bin vor dem Schluß gegangen, weil das Publikum mit nichts anderem beschäftigt war, als sich die Birne voll Pulver zu saugen. Das ist doch widerlich.« — Was denken sie über stage-diving? Duncan: »Manchmal sind so viele Leute auf der Bühne, daß wir hinten an der Wand stehen und spielen.« — Wenn das nicht voll wird... Peter K.

Um 20 Uhr im SO 36

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