Die Golfkriegsgewinnler von Grindelwald

■ „Tadelloser Einsatz im Krieg“ lohnt sich (fast) immer — nicht zuletzt auch für Schweizer Hoteliers

Grindelwald (taz) — Auch drei Monate nach seinem Ende läßt sich noch immer prächtig Profit aus dem Golfkrieg schlagen. Die jüngsten Kriegsgewinnler sind die findigen Hoteliers im berühmten Schweizer Ferienparadies Grindelwald. Auf Einladung des örtlichen Verkehrsvereins verbringen diese Woche 130 US-amerikanische, britische, französische und kanadische Golfsoldaten Gratisferien in der herrlichen Schneeregion unterhalb von Eger, Joch und Jungfrau. „Zur Belohnung für ihren tadellosen Einsatz im Krieg, bei dem sie doch für uns alle die Kohlen aus dem Feuer geholt haben“, nennt Grindelwalds Fremdenverkehrsdirektor die offizielle Begründung für die „Aktion Danke“.

Zu einer Jahreszeit, in der im Berner Oberland ohnehin die Hälfte aller Hotelbetten leerstehen, ist sie jedoch vor allem eine wenig aufwendige und mit Sicherheit lohnende Zukunftsinvestition der eidgenössischen Tourismusbranche. Bei Pulverschnee und strahlender Sonne äußern sich die Soldaten, die zum Teil sechs Monate im heißen Wüstensand hinter sich haben, durchweg „sehr begeistert über dieses schöne Land“. Wie Bryan McLean, Sergeant der 1. US-Artillerie-Division wollen auch viele seiner Ex-Golfkriegskollegen bald mit Frau oder Freundin „zu einem längeren Urlaub wiederkommen“. Die Erfahrung, daß sich kostenlose Urlaubsangebote für „militärische Helden“ positiv auf die Touristenzahlen auswirken, machten in der Vergangenheit bereits einer Reihe Schweizer Ferienorte, die nach dem Zweiten Weltkrieg US-GIs eingeladen hatten.

Mit ihrer Aktion überwanden die Grindelwalder bei vielen ihrer Gäste auch ein hartnäckiges Vorurteil. „Ich hatte bislang immer geglaubt, die Schweiz sei ein neutrales Land und hätte im Golfkrieg nicht hinter uns gestanden“, korrigierte ein kanadischer Oberst seine bisher eher skeptische Haltung gegenüber der Alpenrepublik.

Sorgfältig ausgesucht wurden die Golfkrieger aufgrund ihrer militärischen Verdienste durch die Botschaften der vier Staaten in Bern. Warum nur westliche Militärs und nicht auch aus Syrien, Ägypten, Saudi-Arabien und anderen am Krieg beteiligten Ländern eingeladen wurden, wußte der Fremdenverkehrsdirektor nicht zu sagen.

Auch wenn das einwöchige Urlaubsprogramm voller eidgenössicher Folklore, Bergtouren und einem großen Fest zusammen mit der örtlichen Bevölkerung durchweg zivil ist — so ganz läßt sich der militärische Alltag für die 130 Soldaten auch in Grindelwald nicht verdrängen. Zur Begrüßung gab es für alle ein echtes Schweizer Offiziersmesser.

Abends beim Bier müssen sie wißbegierigen Einheimischen immer wieder Erlebnisse aus dem Golfkrieg erzählen. Und die Belegung der Hotels erfolgte streng nach militärischen Hierarchien: fünf Sterne für die höheren Offiziere, zwei für die unteren Dienstgrade. Andreas Zumach